Philip Zeschmann zum Antrag Corona-Soforthilfeprogramm von BVB/Freie Wähler u. DIE LINKE – 14.05.20

14. Mai 2020

Link zum Vorgang: https://www.bvb-fw-fraktion.de/parla_tracking

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kollegen Abgeordnete!
Wir alle hier – im Wirtschaftsausschuss haben wir das einstimmig entschieden – haben, um die ökonomischen Folgen des politisch von der Landesregierung verordneten Shutdowns für Kleinstunternehmen und Solo-Selbstständige finanziell zu überbrücken, ein Hilfsprogramm in Form eines Überbrückungszuschusses für maximal drei Monate – die damals angenommene Krisenlänge – beschlossen. Auf diese  Weise wollten wir ein Überleben der Unternehmen, der Selbstständigen, der Strukturen, wenn man so will, ermöglichen, sodass möglichst alle nach der Krise wieder voll durchstarten können. Genau das  haben wir im Ausschuss gemacht, und auch der Wirtschaftsminister war unserer Meinung.

Alles gut, könnte man denken. Aber weit gefehlt! Wir haben nicht mit der Kaltschnäuzigkeit dieser Lügen… äh … Landesregierung und der Willfährigkeit der Koalitionsfraktionen gerechnet, wurde doch am 28.04. ernsthaft und plötzlich das Laienschauspiel „Ihr solltet immer schon Hartz IV beantragen!“ gegeben. Ich war absolut entsetzt! In der Hauptrolle als tragische Figur Herr Minister Steinbach, als Sekundanten insbesondere der Kollege Bischoff und die anderen Fähnchen im Wind der Koalitionsfraktionen. Es tut mir wirklich leid, dass Sie das, was jetzt hier losgeht, mitbekommen müssen. Aber Sie haben an diesem 28.04. ein extremes und unglaubliches, noch nie gesehenes Lügenspektakel abgezogen, das alle  schockiert hat – nicht nur mich, sondern auch viele selbstständige Unternehmer, die das im Livestream verfolgt und sich an mich – und nicht nur an mich – gewandt haben.

Jetzt sagen Sie bitte nicht, die Bundesregierung sei schuld. Richtig ist: Die Bundesregierung hat ungefähr eine Woche nach uns auch ein Corona-Soforthilfeprogramm für Kleinstunternehmen und Solo-Selbstständige auf den Weg gebracht. Aber – und das ist das Problem -: Nur um die Auszahlung …

(Unruhe im Saal) – Entschuldigung, können Sie Ihre Diskussionen bitte mal einstellen? …

an die Menschen, deren Geschäfte Sie von heute auf morgen geschlossen haben, nicht selber finanzieren zu müssen, haben Sie die Richtlinie, die Sie selbst und das Wirtschaftsministerium verfasst haben, plötzlich geändert. Und Sie behaupten jetzt auch noch dreist, Sie hätten das alles nie so gemeint, das sei alles von Anfang an so gewesen, wie es jetzt dargestellt werde. Es tut mir leid, aber das ist ein Verrat an rund 30 % der Wirtschaftsleistung in Brandenburg. Das sehen die Menschen auch so, und das ist das Schlimme.

Die wesentliche Veränderung durch die Bundesrichtlinie besteht darin, dass jetzt lediglich Liquiditätsengpässe bei laufenden  Betriebskosten wie Mieten, Pachten und Leasingaufwendungen angerechnet werden. Bitte führen Sie jetzt nicht wieder aus, dass die alte Richtlinie die Lebenshaltungskosten nicht dezidiert benannt habe. Sie hat sie eben auch nicht ausgeschlossen. Herr Bommert hat vorhin erfreulicherweise genau die Formulierung vorgetragen, die erstens nicht wirtschaftswissenschaftlich und zweitens nicht konkret war. Die Lebenshaltungskosten waren von Anfang an eingeschlossen, denn wir haben im Ausschuss genau das gemeinsam beschlossen.

In dieser Frage geht es vor allem um Vertrauensschutz und Glaubwürdigkeit, und zwar der Landesregierung und der gesamten Landespolitik; denn viele Selbstständige, Kleinstunternehmer und Freischaffende haben sich auf die Richtlinie verlassen und sind jetzt mehr als verunsichert, enttäuscht, geradezu ungehalten, weil es vielfach um ihr Überleben geht. Jetzt diesen Berufsgruppen zu sagen, sie sollen Hartz IV beantragen – was vorher übrigens noch nie Thema war und erst am 28.04. vom Wirtschaftsminister dargelegt wurde -, ist schon ein starkes Stück.

Wir haben diese Hilfe am Anfang nicht ohne Grund, sondern in Kenntnis der Lebenswirklichkeit durchgesetzt und mit beschlossen. Sie haben die Umsatzeinbrüche einfach hingenommen und sagen jetzt, Sie hätten von Anfang an gesagt, man solle nicht nur bei der ILB einen Antrag stellen, sondern auch Hartz IV beantragen. Es war nie Thema, diese Hilfen zum Lebensunterhalt zu beantragen. Noch in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 15.04. hat Herr Minister Steinbach auf unsere Rückfrage gesagt: Nein, das wollen wir nicht; wir wollen sie unter den Schirm nehmen und verhandeln noch mit dem Bund.

Kommen Sie zurück zu dem, was Sie ursprünglich zugesagt haben, und setzen Sie per Erlass an die ILB die Richtlinie in diesem Punkt wieder auf den Stand vom 24. März. Halten Sie sich an Ihre eigenen Zusagen. Zerstören Sie nicht noch den allerletzten Rest von Vertrauen in die Landesregierung. Retten Sie eine wichtige Säule unserer Wirtschaft über die Corona-Krise. Geben Sie den Solo-Selbstständigen und Kleinstunternehmen den vollen Schutz in der Krise, so wie wir es ihnen allen am Anfang einstimmig versprochen haben. Wenn Sie das nicht tun, sind Sie für den massenhaften Zusammenbruch von Kleinunternehmen in dieser Republik verantwortlich – nicht nur von Solo-Selbstständigen, Herr Bommert -, die die Corona-Krise dann leider nicht überleben und nicht durchstarten können, wenn sie – hoffentlich bald – vorbei ist. – Danke schön.

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