Ilona Nicklisch zum Antrag „Stipendienprogramm für Landlehrerinnen“ von SPD, CDU, Grüne vom 23.09.20

23. Sep 2020

Rede von Ilona Nicklisch in Textform:

Frau Abg. Nicklisch (BVB/FW):

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ja, der Markt ist zuweilen unberechenbar. Herrscht ein Überangebot, wird das Produkt gering bewertet. Dabei kommt kaum einer auf den Gedanken, dass sich das einmal ändern könnte. Leider ist es jedoch oft so. Erst wenn der Mangelzustand einsetzt, wird der eigentliche Wert einer Leistung erkennbar.

Diesen Wandel konnte man in den vergangenen 30 Jahren bei der Brandenburger Lehrerschaft in klassischer Weise beobachten. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung mit Lehrern teilweise umgegangen wurde. Man hatte manchmal den Eindruck, dass sie wie Läufer auf dem Schachbrett nach Belieben von der einen Ecke in die andere geschoben wurden. Man konnte sich auch nicht vorstellen, dass sich das irgendwann einmal grundsätzlich ändern könnte.

Wie sich die Zeiten doch ändern! Inzwischen sind längst sämtliche rote Teppiche reaktiviert worden und werden vor den Lehrern ausgerollt. Auch der vorliegende Antrag ist ein weiterer solcher Teppich, für den ich mich durchaus begeistern kann. Hier helfen zwei notleidende Partner einander unter Umständen und können jeweils zum Katalysator des Erfolgs des anderen werden. Während der eine die Finanzierungslücke innerhalb des Studiums schließt, kann der andere durch das dann hoffentlich erfolgreich abgeschlossene Studium die Lücke gut ausgebildeter Lehrer auf dem Land füllen.

An dieser Stelle möchte ich allerdings auf die Bedeutung des Punktes 6 des Antrags hinweisen, in dem es heißt:

„Die Kommunen sollen einbezogen werden, um für die Stipendiatinnen und Stipendiaten attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen.

“ Ich hoffe nicht, dass das ein Punkt ist, der den Antrag nur etwas aufpeppen soll. Von der Umsetzung dieses Punktes wird es meines Erachtens im Wesentlichen abhängen, ob wir die qualifizierten jungen Lehrer nur als Durchgangsstation im ländlichen Raum behalten oder dauerhaft an die Region binden können. Letzteres sollte unser Ziel sein.

Diesbezüglich haben wir ähnliche Vorstellungen, wie sie im Änderungsantrag der Linken zu finden sind, dass man sich schon ab Beginn des Studiums dafür bewerben kann. Je kürzer die verpflichtende Zeit für den späteren Dienst auf dem Land ist, desto höher ist die Gefahr, dass die Bindung an die Umgebung nicht erfolgt.

Was mir am Änderungsantrag der Linken nicht gefällt, ist, dass bei Rückzahlungsanspruch des Landes auf die Verzinsung verzichtet werden soll. Das kann dazu führen, dass die Förderung als Zwischenfinanzierung missbraucht wird.

Zurück zu den Bedingungen am späteren Einsatzort: Der besagte rote Teppich muss auf jeden Fall auch dort ausgelegt werden. Diesbezüglich sollte es Ansprechpartner für die Kommunen im dafür zuständigen Ministerium geben, aber auch umgekehrt. Das beginnt in erster Linie beim Wohnen. Fühlt sich jemand in seiner Wohnung nicht wohl, wird er auf Dauer nicht bleiben.

In einem weiteren Punkt kann der ländliche Raum ungeheuer punkten: bei der Struktur der Schülerschaft. Dieser Vorteil darf nicht durch schlechtere Lernbedingungen kaputtgemacht werden. Deshalb ist das, was zuletzt auch im Bildungsausschuss bezüglich der Digitalisierung unserer Schulen besprochen wurde und demnächst in Form von Anträgen hier eingehen wird, schnellstmöglich umzusetzen. Wenn das Vorhaben, junge Lehrer auf dem Land zu etablieren, gelingen soll, muss diese Aufgabe genau in diesem Kontext betrachtet und abgearbeitet werden. Ich hoffe, das gelingt uns.

Wir stimmen den Anträgen zu, auch dem Änderungsantrag der Linken. Beim Entschließungsantrag der AfD enthalten wir uns. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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