Rede von Philip Zeschmann in Textform:
Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Wir freuen uns wirklich sehr, dass sich auch die aktuelle Landesregierung nun endlich dieses schwierigen Themas anzunehmen scheint. Wie schon dargestellt, gab es im Landtag diverse Bemühungen – ich will jetzt nicht alles im Detail aufführen -: einen Untersuchungsausschuss, ein Anhörungsverfahren am 21.09.2012 in der Enquetekommission zu den sittenwidrigen Schädigungen der Erben, eine weitere Anhörung am 06.12.2012. Aber leider hat das alles nicht wirklich zu einer Lösung geführt.
Wir müssen leider auch feststellen, dass der hier vorgelegte – aus unserer Sicht – Placebo-Antrag alles andere als eine Lösung ist. Das Interesse von Ihrer Seite daran zeigt sich auch darin, dass dieses komplexe und juristisch komplizierte Thema – das wurde eben schon hinlänglich dargestellt – ursprünglich, und zwar bis gestern, in drei Minuten behandelt werden sollte – ich sage da einfach: abgeräumt werden sollte. Leider wird den Neusiedlererbinnen und -erben mit dem vorliegenden Antrag der Koalition nur Sand in die Augen gestreut, denn es wird weiterhin keine Rechtssicherheit geschaffen und kein Anspruch auf Rückübereignung anerkannt, wie er im Gesetzentwurf von BVB / FREIE WÄHLER und den Grünen von 2015 vorgeschlagen wurde.
Das ist nicht nur bedauernswert, sondern das ist schlicht ein Skandal! All die Worte, die hier gefallen sind, finde ich ja ganz toll: Unrecht wiedergutmachen. Nur leider passiert das nicht, schon gar nicht mit diesem Antrag. Sie haben es auch noch „abschließende Aufarbeitung des Bodenreformunrechts“ genannt. Entschuldigung, aber das ist eine Verhöhnung der zumeist hochbetagten Betroffenen, die seit Jahrzehnten um ihr Recht kämpfen. Ihnen werden mit der Verabschiedung dieses Antrags noch nicht einmal Entschädigungen für die unrechtmäßigen Enteignungen gewährt, geschweige denn die Grundstücke zurückgegeben. Also haben sie wieder gar nichts in der Hand – also weiterhin keine Lösung und damit das Gegenteil von der im Titel angekündigten abschließenden Aufarbeitung des Bodenreformunrechts, die uns die Koalitionsfraktionen glauben machen wollen.
Damit das nicht wie in den letzten Jahrzehnten – muss man jetzt schon sagen – weiterläuft und durchgewunken wird, haben wir einen Änderungsantrag gestellt, mit dem Ziel, eine Lösung zu skizzieren und aufzuzeigen, die sich übrigens auf den aus meiner Sicht sehr fundierten Gesetzentwurf von 2015 auf Drucksache 6/4216 bezieht. Wir beantragen, keine Veräußerung von Bodenreformgrundstücken durchzuführen und weiterhin zu prüfen, ob eine Rückübertragung möglich ist. Ich persönlich bin der Ansicht, die Prüfung hat man jetzt schon viele Jahre und damit lange genug durchgeführt, da braucht man nicht weiter zu prüfen, sondern muss endlich Taten folgen lassen, also rückübertragen. Deswegen ist die Priorität auch, so wie es die Betroffenen fordern, die Grundstücke zurückzugeben. Aufgrund des schon genannten Urteils des Bundesgerichtshofs von 2004 sollte jetzt unter Ausschöpfung sämtlicher Ermessensspielräume zugunsten der entschädigungslos Enteigneten geprüft werden, ob auch die Verwandten für die Rückübertragung berücksichtigt werden können, und ebenso, ob nicht – wie in der Darstellung heute schon angesprochen – auch diejenigen als Erben eingesetzt werden können, die nicht in der LPG tätig waren.
Da Sie die Landesregierung mit diesem Antrag beauftragen wollen, liebe Kollegen von den Koalitionsfraktionen, ein Problem endlich zu lösen – auch Herr Bretz hat eben gesagt, das Unrecht müsse endlich wiedergutgemacht werden -, gehen wir davon aus, dass es überhaupt kein Problem ist, sowohl Ihren Antrag als auch unseren Änderungsantrag an die Ausschüsse für Justiz und Inneres zu überweisen, um endlich eine fundamental wirksame Lösung im Sinne des Gesetzentwurfs von 2015 und seiner Fortentwicklung zu schaffen. Das setzt aber voraus, dass Sie als Koalitionsfraktionen und auch die Landesregierung wirklich eine Lösung wollen. Also, beweisen Sie uns einfach, dass der Titel Ihres Antrags ernst gemeint ist, und lassen Sie uns gemeinsam die Anträge an die Fachausschüsse überweisen, um endlich eine faire Lösung für die unterschiedlichen hier schon angesprochenen Betroffenengruppen zu entwickeln. Sollten Sie dies nicht tun, entlarven Sie Ihren Antrag und die vermeintliche Initiative als Placebo-Antrag und verhöhnen die Menschen weiterhin.
Ich verstehe auch nicht – wenn Frau Hildebrandt und auch Herr Bretz hier flammende Reden halten, das Unrecht sei endlich wiedergutzumachen -, warum Sie das nicht endlich tun. Tun Sie es endlich! Schaffen Sie die Ansprüche, erkennen Sie sie an, geben Sie die Grundstücke zurück, wie es die Menschen fordern, und dann haben wir das Problem gelöst.
Ich finde, wir unterbreiten hier einen konstruktiven Vorschlag: die Problematiken in den Ausschüssen final zusammenzuführen und endlich eine Lösung zu finden, die etwas voranbringt, Ansprüche schafft und das Unrecht wirklich beseitigt. Dafür appellieren wir an Sie und hoffen, dass Ihr Antrag nicht nur heiße Luft war und Sie zustimmen. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung. – Danke.