Philip Zeschmann zur Aktuellen Stunde „Brandenburgs Zukunft sichern“ von SPD vom 27.01.2021

27. Jan. 2021

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen Abgeordnete! Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich gedacht: Ein richtig toller Antrag steckt hinter dieser Aktuellen Stunde, ein typischer Antrag aus dem Hause Kenia. Sie haben ihn jetzt – er stammt ja vom Dezember – noch mit einem Antrag zur Sicherung der Strukturen der Ausbildung im Handwerk kombiniert, damit wenigstens ein bisschen Substanz in den Ring geworfen werden kann.

Deshalb bleiben wir beim Text des ursprünglichen Antrags. Da heißt es zum Beispiel:

„Bei der Bewältigung der aktuellen Krise zeigt sich das Land Brandenburg als Mittelstandsland ausgesprochen robust und flexibel.“

Das wurde heute schon angesprochen. Da habe ich nur gedacht: Aha, und welche tiefschürfende Analyse zeigt uns, dass dieses wirtschaftspolitische Loblied auch stimmt? Das erfahren wir natürlich nicht.

Nur ist diese Aussage sehr verwunderlich, handelt es sich doch gerade um die kleinen Unternehmen, die genau diese Landesregierung, genau diese Koalitionsfraktionen im Frühjahr letzten Jahres mit dem ersten Lockdown kaltschnäuzig im Regen stehen lassen haben. Sie erinnern sich an das Thema: Soloselbstständige und Kleinstunternehmen über Wasser halten.

Aber schauen wir einmal weiter, was uns hier noch aufgetischt wurde – Zitat -:

„Der Aufbruch in das Jahrzehnt der Investitionen wird nach mittlerweile einem erfolgreichen Jahr rot-schwarz-grüner Koalition daher fortgesetzt.“

Da scheint mir irgendetwas ganz entgangen zu sein, an mir vorbeigegangen zu sein. Welche Erfolge? Zumindest laut den normalen, üblichen Medien, die wir alle so kennen und wahrnehmen, gab es außer der glücklichen Ansiedlung von Tesla „Berlin“ keine bahnbrechenden Erfolge. Oder meinen Sie die um x Jahre verspätete und rund 7 Milliarden Euro teure Eröffnung des BER, verbunden mit der verschleppten Insolvenz der Flughafengesellschaft? Oder die anstehenden Betriebsschließungen und damit verbundenen Arbeitsplatzverluste bei Thyssenkrupp Rothe Erde in Eberswalde, die Insolvenz der InterSPA-Gruppe mit ihren Auswirkungen auf das WONNEMAR in Bad Liebenwerda, die drohende Schließung der TransTec GmbH in Vetschau oder die drohenden Schließungen und Arbeitsplatzverluste in den brandenburgischen Krankenhäusern, die nicht den Förderkriterien des Bundes entsprechen und daher im Regen stehen gelassen werden?

Präsidentin Prof. Dr. Liedtke: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW): Nein, danke. – Ich weiß nicht, was Sie da geritten hat. Aber die reale Entwicklung in ihr Gegenteil zu verdrehen und dann auch noch zu einer Erfolgsgeschichte zu erklären ist schon ein bemerkenswertes Kunststück, und das haben Sie in Ihren Reden auch heute wieder mit inhaltsleeren Phrasen bewiesen – das haben die Kollegen schon angesprochen. Von Erfolgen kann man jedenfalls weit und breit nichts erkennen.

Es geht auch munter so weiter. Ich zitiere gern weiter aus Ihrem beeindruckenden Antrag:

„Wichtige Wachstumsimpulse sind nach der Bewältigung der Coronakrise auch durch die Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER zu erwarten.“

Da haben Sie absolut recht. Ja, Wachstumsimpulse hat es hier schon reichlich gegeben, aber natürlich nur und ausschließlich hinsichtlich der immer weiter wachsenden Zuschüsse und Darlehen und jetzt auch der Krediterlasse – wie es in der Zeitung stand -, die Sie dem Flughafen gewähren wollen, damit die eigentlich insolvente Flughafengesellschaft weiter am Tropf bleibt und am Leben gehalten werden kann.

Dann heißt es wieder – mit der fast wortgleichen Formulierung wie im Frühjahr -, dass „Brandenburg ein international wettbewerbsfähiger Wirtschafts- und Innovationsstandort“ sein soll. Auch das wurde schon angesprochen. Da fiel es mir beim Lesen doch schwer, an mich zu halten und nicht zu lachen. Wo leben Sie denn, Herr Stohn? Sie haben das in Ihrer Rede auch drin. – Tesla macht noch keinen Sommer.

Weiter heißt es bei Ihnen:

„Das Image Brandenburgs ist geprägt […] durch einen konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien.“

Ja, das stimmt wirklich. Die daraus resultierenden weltweit höchsten Strompreise prägen Brandenburgs Image wirklich nachdrücklich negativ. Da haben Sie recht.

Weiter folgt das übliche Hofieren der Landesregierung mit folgender Äußerung:

„Der Landtag begrüßt in diesem Zusammenhang die Forderung der Landesregierung nach aktiver Strukturpolitik des Bundes.“

Zu solchen Aussagen habe ich schon im letzten Frühjahr immer wieder gesagt: Ich finde es traurig, wenn die Landesregierung nichts anderes machen kann und auch den Koalitionsfraktionen nichts anderes einfällt, als Strukturpolitik vom Bund zu fordern – also mal wieder das Wirtschaftsministerium als Umsetzungsfiliale des BMWI. Da kann man nur sagen: traurig. Mehr kann man dazu nicht sagen.

Dann wird noch darauf hingewiesen – medienwirksam; die eigene Landesregierung -, dass die Landesregierung dafür gesorgt habe, dass Potenziale durch geeignete Rahmenbedingungen wie schnelle Entscheidungen, ergebnisorientiertes Zusammenwirken von Behörden und Digitalisierung forciert würden. Da habe ich aber gehört, dass der Landesrechnungshof erst vor Kurzem gesagt hat, Brandenburg und damit auch die öffentlichen Verwaltungen seien bei der Digitalisierung doch arg rückständig. Also, wenn Sie hier sagen, die Rahmenbedingungen hätten sich wirklich verändert, haben Sie offensichtlich irgendetwas verschlafen, was die Digitalisierung oder die Einführung von EGovernment im bundesweiten Vergleich angeht.

Daran schließen Sie, wie üblich, eine Anzahl von Forderungen an die Landesregierung an, die jedoch absolute Selbstverständlichkeiten sind und die es schon immer gegeben hat. Lesen Sie bitte noch einmal die Punkte in Ihrem Antrag! Da wird gefordert, dass sie die Wirtschaftsförderung unterstützt, dass sie eine Kofinanzierung für Förderprogramme des Bundes sicherstellt usw. Es mag sein, dass das ein Eingeständnis ist, dass genau das alles bisher nicht funktioniert hat. Das wäre natürlich möglich; das könnte ich verstehen. Ich verstehe aber überhaupt nicht, warum Sie aus Dingen, die es schon lange gibt, einen großen Antrag und sogar noch eine Aktuelle Stunde machen.

Zusammenfassend: Extrem viel heiße Luft vom Werbetexter der Landesregierung, wild verquirlt unter der Überschrift „Brandenburgs Zukunft sichern“ – Letzteres kann man damit natürlich nicht, liebe Kollegen von den Koalitionsfraktionen. Es ist also – final – ein erneuter Offenbarungseid der wirtschaftspolitischen Ideen- und Konzeptionslosigkeit, Herr Redmann. Aber vielen Dank, dass Sie mir immer wieder derart ertragreiche Vorlagen liefern!

Weitere Beiträge

Bilanz: Bildungspolitik / Schulwege

Bilanz: Bildungspolitik / Schulwege

Bildung ist das höchste Gut. Sie ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft unserer Kinder. Eine gute Bildung ebnet den Weg für persönliches Wachstum, berufliche Chancen und damit für eine...

mehr lesen

Danke für Ihren Besuch

Diese Seite wird nicht mehr gepflegt, bleibt jedoch weiterhin bestehen und gewährt einen Überblick über die parlamentarische Arbeit von BVB / FREIE WÄHLER während der 7. Wahlperiode (2019–2024). Für Fragen und Themenanregungen wenden Sie sich bitte an den Landesverband BVB / FREIE WÄHLER.