Link zum Vorgang: https://www.bvb-fw-fraktion.de/parla_tracking
Rede von Péter Vida in Textform:
Herr Abg. Vida (BVB/FW):
Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen den Beauftragten und den Beiräten. Die Beauftragten sind, wie gesagt, angestellt, und es ist ein Unterschied, ob man per Wahlrecht in ein Amt kommt, ob man gewählt und demokratisch legitimiert oder ein Verwaltungsangestellter ist.
Wir haben jetzt hier gehört: Die Kommunen haben doch die Möglichkeit, davon Gebrauch zu machen; die Kreistage entscheiden selbstbestimmt. Wir überlassen es den Akteuren; sie sollen es selbst entscheiden. – Das ist aber keine Selbstentscheidung; das ist eine Fremdentscheidung. Es entscheiden gewählte Vertreter im Kreistag darüber, ob Migranten, die kein Wahlrecht haben, eine Vertretung bekommen oder nicht. Das ist doch keine Selbstbestimmung; das ist Fremdbestimmung.
Und Sie reden hier davon, dass die Kommunen, die kommunale Selbstverwaltung beschnitten wird. Die Kommunalverfassung regelt nicht ohne Grund, dass es eine Stadtverordnetenversammlung, einen Kreistag, einen Bürgermeister, einen Landrat gibt, weil so demokratische Strukturen geschaffen werden. Sie sagen, es werde hier die Kompetenz der Stadtverordnetenversammlung, die Kompetenz des Bürgermeisters beschnitten. Es geht aber nicht um diese Personen; es geht um die Personen, die in diesem Land kein Wahlrecht haben, und auch um Ausländer mit doppelter Staatsangehörigkeit und darum, dass diese ein Vertretungsrecht bekommen. Die sollen selbst entscheiden. Hier wird also niemand gezwungen; ob man zur Wahl geht, entscheidet doch jeder selbst.
(Zuruf: Genau!)
Das bleibt doch wie bei jeder anderen Wahl den Mitbürgern überlassen.
Sie haben ausgeführt, Frau Kniestedt: Die Menschen wollen im Ausschuss gehört werden. Der Migrationsbeirat Barnim hat in jedem Kreistagsausschuss eine Vertretung. Wir sind gewählt und verteilen die Aufgaben untereinander und werden in jedem Kreistagsausschuss gehört. Sie sagen, Sie hätten mit vielen Menschen gesprochen, die das nicht wollen. Wollen Sie mir zubilligen, dass ich, da ich dort seit 10 Jahren Vorsitzender des Migrationsbeirates bin, auch mit sehr vielen Menschen gesprochen habe? Ich habe nicht nur mit ihnen gesprochen, was subjektiv keiner verifizieren kann, sondern bin sogar gewählt und kann insofern schon dafür sprechen, was viele, sehr viele – und wahrscheinlich mehr als Sie gefragt haben – dort auch wollen. Deswegen, meine Damen und Herren, muss man ganz deutlich sagen, dass eine ermutigende, ebenbürtige Beteiligungsmöglichkeit nur dann geschaffen wird, wenn sie eine Mitbestimmung bekommen, wenn sie wählen können. Da spielt es keine Rolle, wie viel Geld die Stimmzettel kosten und ob da Konnexität ausgelöst ist – also das ist wirklich traurig!
Meine Damen und Herren, es hilft viel mehr, wenn die kommunalen Vertretungskörperschaften aus erster Hand, aus demokratisch legitimierter Hand Probleme und Bedürfnisse erfahren. Andere Bundesländer haben eine reguläre Migrantenvertretungswahl parallel zu den Kommunalwahlen. Das steigert deren Stellenwert erheblich. Und wenn ich jetzt höre, dass im Barnim die Wahlbeteiligung gut 12 % betrug – die Landratswahl war nicht viel besser -: Da würde keiner auf die Idee kommen, deswegen die Legitimität dort in Abrede zu stellen. Alle Erkenntnisse im Bereich der Migrationsforschung und Flüchtlingsarbeit bestätigen, dass Ernstnehmen, Zuhören und Mitwirkenlassen die Schlüssel zur Integration sind. So wie wir als BVB / FREIE WÄHLER dafür sind, Bestimmungen gegen Antisemitismus, für die Förderung jüdischen Lebens in die Verfassung zu schreiben, sind wir auch dafür, in die Kommunalverfassung zu schreiben, dass Migranten eine Mitwirkungsmöglichkeit bekommen.
Abschließend – in Anlehnung an das, was meine Vorrednerin gesagt hat – bestätigen wir noch einmal den Antrag auf Überweisung an den Innenausschuss, wo Sie dann die Form, wie Sie die Kommunen bitten wollen – damit daraus kein Zwang wird -, etwas konkretisieren können. Vielleicht können Sie sich ja zu einer Überweisung an den Innenausschuss durchringen; die späte Stunde ermöglicht manch freie Abstimmung. – Vielen Dank.