Philip Zeschmann zur Beschlussempfehlung des Landesrechnungshof zur Digitalisierung – 28.04.21

28. Apr 2021

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Zunächst einmal ist es sehr bemerkenswert, dass der Landesrechnungshof neben seinen üblichen Jahresberichten einen Sonderbericht zur Umsetzung der Digitalisierung im Land Brandenburg, insbesondere in der Landesverwaltung, erstellt und veröffentlicht hat. Für einen derartigen Vorgang muss es schwerwiegende Gründe geben.

Der Bericht lässt sich wie folgt kurz zusammenfassen: Brandenburg, insbesondere die Landesverwaltung, hat die Digitalisierung seit mehr als 20 Jahren im Wesentlichen verschlafen. Während einige Ministerien aktiven Widerstand gegen die Umsetzung erster Digitalisierungsschritte leisteten, hat die Staatskanzlei den Steuerungsprozess nicht im Griff, und es herrschte, gelinde gesagt, ein ziemliches Durcheinander der Zuständigkeiten, wenn nicht ein Chaos in der Organisation und Umsetzung. Brandenburg droht bei der Digitalisierung in Deutschland und Europa also endgültig den Anschluss zu verlieren. Das war offenkundig der Grund, warum der Landesrechnungshof sich dieses wichtigen Zukunftsthemas angenommen hat, aus Verantwortung für unser Land – deswegen von mir einen Dank dafür an den Landesrechnungshof.

Zum Verständnis der Umsetzung der Digitalisierung möchte ich kursorisch skizzieren, was eigentlich im Bereich der öffentlichen Verwaltung dahintersteckt. Zentral ist hier die Veränderung und Optimierung der Geschäftsprozesse, also der Arbeitsabläufe in den Verwaltungen mittels digitaler Lösungen, wobei möglichst zuerst die Geschäftsprozessoptimierung stattfinden und dann eine digitale Lösung, sprich Software, umgesetzt werden sollte. Dabei sind im Idealfall medienbruchfreie Abläufe in allen Abteilungen und Ämtern – auch über unterschiedliche Verwaltungen hinweg – zu realisieren, damit genau das, was vorhin schon beschrieben wurde – ausdrucken und dann erneut in andere technische Lösungen einpflegen -, vermieden wird. Nur so können Aufgabenstellungen bis zum Ergebnis, also zum Beispiel bis zum Bescheid gegenüber Bürgern oder Unternehmen, und weiter bis hin zur Archivierung durchgängig elektronisch bearbeitet werden.

Werden diese Abläufe und Anwendungen nach außen hin im Internet den Kunden zur Verfügung gestellt, spricht man eigentlich von E-Government. Das heißt, Verwaltungsmodernisierung respektive -digitalisierung in diesem Sinne steht in engstem Zusammenhang mit der Umsetzung der E-Government-Strategie und mit dem Onlinezugangsgesetz – das wurde schon angesprochen. Der Bund gibt im Onlinezugangsgesetz vor, dass 575 zu digitalisierende Verwaltungsdienstleistungen Bürgern und Unternehmen bis Ende nächsten Jahres, also bis Ende 2022, zur Verfügung zu stellen sind. Dabei gilt nach dem EfA-Prinzip: Einer für alle, einer für viele. Die jeweils federführenden Landes- und Bundesbehörden nehmen sich der Digitalisierung einzelner Verwaltungsdienstleistungen an und stellen diese mit dem Ergebnis einheitlicher Standardlösungen für ganz Deutschland den anderen Ländern und der kommunalen Ebene zur Nachnutzung zur Verfügung.

Genau hier hakt es aber, bedingt durch die mangelnde Koordinierung und Steuerung der Digitalisierung durch die Staatskanzlei in Brandenburg. Das hat auch die siebenstündige Anhörung im Hauptausschuss sehr deutlich zutage gefördert. Aber nicht nur das: Auch die nach dem OZG erarbeiteten Standardlösungen wurden in unseren Ministerien entweder gar nicht oder nur schleppend eingeführt. Offenkundig ist die organisatorische Umstellung althergebrachter Arbeitsprozesse schlicht zu mühsam und zu aufwendig.

Genau so geht es nicht, werte Damen und Herren Minister! Deshalb sind der Landesregierung nun konkrete und nachprüfbare Vorgaben zur Umsetzung der Digitalisierung der Landesverwaltung zu machen und hier zu beschließen.

Damit komme ich zur Beschlussempfehlung des Hauptausschusses.

Vizepräsidentin Richstein: Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Nein, danke. – Die vom Hauptausschuss lediglich vorgeschlagene „Berücksichtigung“ der Empfehlungen aus dem Bericht des Landesrechnungshofes und aus der Evaluation der Umsetzung der „Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg“ durch die Firma Prognos ist aus unserer Sicht nicht nur unzureichend, sondern auch verantwortungslos, wenn es um ein so wichtiges Zukunftsthema geht. Genauso verantwortungslos finden wir es, dass die Berichterstattung über die Fortschritte der Umsetzung nur einmal jährlich – beginnend mit dem 3. Quartal 2021 – erfolgen soll. Das vom Landesrechnungshof angeprangerte Zuständigkeits- und Verantwortungswirrwarr soll auch nicht etwa durch Zusammenlegung und Bündelung behoben werden – nein, in der Empfehlung steht: „Strukturen und Gremien zur Umsetzung der Digitalisierung in Brandenburg“ sollen lediglich „fortwährend auf Effizienz und Effektivität überprüft“ werden – also alles weiter wie bisher?

Und um die fehlende Bereitschaft, irgendetwas zu verändern oder gar zu verbessern, noch zu unterstreichen, heißt es im letzten Punkt – das wurde heute schon ein paarmal angesprochen -:

„Die Umsetzung des Beschlusses erfolgt im Rahmen der vorhandenen personellen Ressourcen und der verfügbaren Haushaltsmittel.“

Angesichts der Haushaltslage der nächsten Jahre infolge von Corona passiert dann wohl gar nichts!

Brandenburg gehört in Sachen E-Government deutschlandweit zu den Schlusslichtern. Das ist nicht nur deswegen unverantwortlich, weil darunter schon heute die Leistungsfähigkeit unserer Verwaltungen leidet – zum Beispiel die Schnelligkeit der Verwaltung, siehe Tesla -, sondern auch, weil damit die Zukunftsfähigkeit unseres Landes immer stärker gefährdet ist.

Daher stellen wir mit dem Ihnen vorliegenden Entschließungsantrag die Stellungnahme des Ausschusses für Inneres und Kommunales hier zur Abstimmung, weil diese konkreter ist und Vorgaben enthält, die transparent und kontrollierbar sind. Lassen Sie uns also gemeinsam versuchen, anhand konkreter, transparenter und nachprüfbarer Kriterien die Digitalisierung unserer Verwaltung als wichtigste Zukunftsfrage schnell und effizient umzusetzen! Ich bitte um Ihre Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag. – Danke.

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