Christine Wernicke zum Gesetzentwurf Insektenschutz und Artenvielfalt von SPD, CDU, Grüne – 20.05.21

20. Mai 2021

Rede von Christine Wernicke in Textform:

Frau Abg. Wernicke (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Insekten zählen wohl zu den bedeutendsten Lebewesen unseres Planeten. Sie bilden die wichtigste Nahrungsgrundlage für viele Tierarten und haben eine wertvolle Funktion in unserem Ökosystem.

Im März dieses Jahres konnten der Präsidentin des Landtages Brandenburg die Ergebnisse des Diskussionsprozesses der Volksinitiativen „Mehr als nur ein Summen – Insekten schützen, Kulturlandschaft bewahren!“ und „Artenvielfalt retten – Zukunft sichern“ übergeben werden. Abgeordnete aller Fraktionen waren in diesen Diskussionsprozess involviert und wissen, wie hart um das vorliegende Ergebnis gerungen wurde.

Umso mehr verwundert mich der selbstständige Entschließungsantrag, den die Fraktionen der Koalition einbringen. Werte Kollegen, wer Insekten schützen will, muss dies finanziell unterstützen. Ich könnte Ihnen noch einmal 30 Sekunden Zeit zum Nachdenken geben; meine Redezeit gibt das her.

Nur durch gezielte Maßnahmen können wir zum Erhalt und zum Schutz der Insektenfauna beitragen. Der Rückgang des Insektenvorkommens ist nicht nur eine unschöne Folge des Umgangs des Menschen mit der Natur, sondern für eine Vielzahl der Landlebewesen sogar existenzbedrohend. Bisher gingen sämtliche Maßnahmen des Insektenschutzes zulasten der Landwirte. Auch für die Landwirtschaft sind Insekten wichtig. Deshalb müssen Kompromisse gefunden werden, die einen besseren Schutz der Insekten gewährleisten, gleichzeitig jedoch die Landwirte nicht noch weiter belasten. Es müssen Ausgleichszahlungen kalkuliert und Förderprogramme aufgelegt werden, die es Landwirten ermöglichen, in FFH-Gebieten ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zu wirtschaften.

Auch die Weidetierhaltung in FFH-Gebieten bedarf einer Förderung. So schaffen Rinder und Schafe durch die Beweidung Lebensräume für Insekten und Vögel und erhöhen nachweislich die Artenvielfalt auf den Beweidungsflächen. Ein Anreiz für die extensive Weidetierhaltung kann die in Bayern bereits umgesetzte Weidetierprämie sein, welche in FFH-Gebieten an Vorgaben zur Anwendung eines geeigneten Gesundheits- und Parasitenmanagements der Herde gekoppelt werden kann. Eine Beschränkung auf notwendige Behandlungen von Weidetieren und die Vermeidung prophylaktischer Medikationen wäre damit möglich.

Ein Knackpunkt bei der Beweidung von Ackerland stellt jedoch die aktuell gültige Regelung dar, dass es nach fünfjähriger ausschließlicher Grünlandnutzung – zum Beispiel in Form einer Beweidung – seinen Ackerstatus verliert und Dauergrünland wird. Diese Maßnahme ist fachlich nicht begründbar und muss EUweit abgeschafft werden.

Vieles, was man sich in der Theorie überlegt, erweist sich in der Praxis als nicht durchführbar. Um langfristig einen guten Weg zu finden, im Einklang mit der Umwelt und den Insekten eine rentable Landwirtschaft zu betreiben, braucht es Landwirtschaftsbetriebe, die sich in verschiedenen Naturräumen als Referenzbetriebe zur Verfügung stellen und das Auswerten bzw. die Verbesserung von Auflagen anhand von Praxisbeispielen ermöglichen. Deshalb begrüßen wir eine Ausstattung der Koordinierungsstelle Insektenschutz und Forschung mit drei zusätzlichen wissenschaftlichen Mitarbeitern.

Wenn man von Insekten spricht, haben die meisten das Bild von Bienen und Schmetterlingen im Kopf, die über ein Getreidefeld oder eine Wiese fliegen. Vermutlich ist das einer der Gründe dafür, dass bei der Diskussion um Schutzmaßnahmen zumeist hauptsächlich der landwirtschaftliche Bereich im Fokus steht. Dabei besteht neben landwirtschaftlich genutzten Flächen auch auf anderen PSM-Einsatzgebieten, wie in der Forstwirtschaft, bei Haus- und Kleingärten, auf öffentlichen Grünflächen sowie Verkehrsflächen, ein Handlungsbedarf.

So werden jedes Jahr viele Straßenränder größtenteils vor und während der Blüte von Wildkräutern komplett abgemäht. Soweit es einen schmalen Streifen zur Verkehrssicherungspflicht betrifft, ist das sicher sinnvoll. Eine Komplettmahd bis an die angrenzenden Felder ist jedoch ökologisch unsinnig, finanziell aufwendig und sehr schädlich für alle Insekten, Wildkräuter und Wildtiere. Eine Mahd Ende Juli, Anfang August würde es vielen Insekten ermöglichen, die erste und zweite Population zu entwickeln. Wir fordern deshalb an dieser Stelle, dass die Grünflächen der Landesliegenschaften insektenfreundlich zu entwickeln und zu pflegen sind.

Auch die Lichtverschmutzung kostet jährlich viele Insektenleben. Eine insektenfreundliche Beleuchtung von Flächen und Verkehrswegen im Landesbesitz wäre umzusetzen. Nicht zuletzt trägt der Ausbau der Windenergie zum weiteren Insektensterben bei.

Insekten zu schützen ist einfacher, als man glauben mag – auch außerhalb der Landwirtschaft. Wir stimmen der Überweisung des Gesetzentwurfs der Abgeordneten Frau Hiekel, Herrn Funke und Herrn Senftleben sowie unserem gemeinsamen Antrag mit den Linken zu. Den selbstständigen Entschließungsantrag der Koalition und den dazu gestellten Änderungsantrag der AfD-Fraktion werden wir ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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