Link zum Vorgang: https://www.bvb-fw-fraktion.de/parla_tracking
Rede von Matthias Stefke in Textform:
Herr Abg. Stefke (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer an den Bildschirmen! Auf den ersten Blick könnte man denken, bei dem Antrag handele es sich um ein Versehen unserer Fraktion und wir hätten den gleichen Antrag ein zweites Mal eingebracht. Aber nein! Wer den Antrag aufmerksam gelesen hat, wird den Unterschied bemerkt haben.
Mit dem letzten Antrag hatten wir erreichen wollen, dass die Landesregierung auf die Flughafengesellschafter dahin gehend einwirkt, dass den Anspruchsberechtigten gestattet wird, den Gesamtbetrag aus den Anspruchsermittlungen gegebenenfalls auch nur für ein Gewerk aus dem Leistungsverzeichnis zu verwenden, also beispielsweise nur für Schallschutzfenster oder nur für die Schalldämmung an Dach oder Wänden – je nachdem, wofür der Betrag noch ausreicht. Hierzu nahmen die Fraktionen unterschiedliche Positionen ein. Die eine meinte: Es kann doch nicht sein, dass die Kostensteigerungen zulasten der Anspruchsberechtigten gehen, womit DIE LINKE auch vollkommen recht hatte. – Das war auch wirklich nicht unsere Intention; ich denke, das nehmen Sie uns auch ab. Die Koalitionsfraktionen wie auch Herr Minister Beermann begründeten ihre Ablehnung des Antrags mit der Behauptung, eine Umschichtung der Mittel aus der Anspruchsermittlung Bau für die Umsetzung nur eines Gewerkes ginge laut Planfeststellungsbeschluss nicht, weil dann ja das für die Wohnobjekte individuell ermittelte Schallschutzziel nicht erreicht werden könne.
Wir teilen diese Rechtsauffassung nicht, und ich will begründen, warum nicht: Als Beispiel nenne ich die schallschutzbezogene Verkehrswertvermittlung. Wenn die Kosten der Schallschutzmaßnahmen 30 % des Verkehrswertes des Objekts überschreiten, kann sich die Flughafengesellschaft mit diesem Betrag sozusagen freikaufen. Die Betroffenen haben dann aber gar keinen Schallschutz.
In einer Presseerklärung vom 4. Juli 2018 – auf Ihrer Homepage heute leider nicht mehr nachzulesen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – war Ihr damaliger Fraktionsvorsitzender, Axel Vogel, heue Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz, in Reaktion auf das OVG-Urteil vom Tag zuvor sogar der Meinung – ich zitiere -:
„War die finanzielle Entschädigung ursprünglich als Ausnahme vorgesehen, wird sie durch die Präzisierung der Ansprüche durch das OVG nun noch eher zur Regel.“
Und weiter:
„Die Anwendung dieser Regelung muss aber wie geplant die Ausnahme bleiben. Das heißt, es müssen im Regelfall bauliche Maßnahmen durchgeführt werden, auch wenn damit die Kappungsgrenze von 30 Prozent überschritten wird. Ich erwarte hier entsprechende Vollzugshinweise des Infrastrukturministeriums.“
Schade, dass Sie sich bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages so gar nicht an das erinnert haben, was noch gut ein Jahr zuvor Ihre Überzeugung gewesen sein soll!
Doch zurück zum Ursprungsthema: Regelungen im Planfeststellungsbeschluss, die Ihrer Meinung nach flexible Lösungen ausschließen. Die FBB bietet verschiedene Module zum Schallschutzprogramm an. Da gibt es unter anderem das Modul Doppelkastenfenster, das Modul Küche, das Modul Differenzzahlung oder das Modul Niedrige Raumhöhe. Bei all diesen Modulen rät die FBB im Kern zu einer Vorgehensweise, mit der das planfestgestellte Schutzziel nicht eingehalten wird. Die genannten Beispiele widerlegen also Ihre damalige Argumentation, dass unser Antrag gegen den Planfeststellungsbeschluss verstoßen habe und deswegen nur abgelehnt werden könne. Im Übrigen gab es seit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 eine zweistellige Zahl an Planänderungs- oder -ergänzungsbeschlüssen. Wenn der Wille vorhanden wäre, ließe sich zum Schallschutz darüber sicher auch ein Weg finden.
Getreu dem Landesmotto „Brandenburg. Es kann so einfach sein“ wählen wir mit diesem Antrag einen weniger aufwendigen Weg. Wir beantragen deshalb, die Übernahme der Mehrkosten aus gestiegenen Baupreisen denjenigen Anspruchsberechtigten zuzusichern, die bis zum Inkrafttreten des Urteils des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg vom 3. Juli 2018 einen Antrag auf Schallschutz gestellt haben.
Sie sind der Auffassung, auch das geht nicht? Ich darf noch einmal Ihren Minister Herrn Vogel aus der bereits angesprochenen Pressemitteilung zitieren:
„In Reaktion auf das Urteil fordere ich die Flughafengesellschaft auf, jetzt rückwirkend alle bereits ergangenen Kostenerstattungsvereinbarungen zum Einbau passiver Schallschutzmaßnahmen auf die neuen Anforderungen hin [zu] überprüfen und entsprechend zu ändern.“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, immer wieder zu behaupten, das, was wir in Bezug auf den Schallschutz für die Schwerstbetroffenen im BER-Umfeld beantragen, gehe aus diesen oder jenen Gründen nicht, ist nicht nur fantasielos, sondern auch verantwortungslos. Die Flughafengesellschaft hatte im Übrigen zu dem OVG-Urteil seinerzeit mitgeteilt – ich zitiere aus der Pressemitteilung -:
„Wir haben diese Urteile akzeptiert und umgesetzt, nicht nur in den entschiedenen Einzelfällen, sondern auch in allen vergleichbaren Fällen. Voraussetzung dafür war, dass die jeweiligen Eigentümer bereits Kontakt zu uns aufgenommen hatten oder um eine Überprüfung Ihrer [sic] Ansprüche baten.“
Dies ist Beleg dafür, dass mehr geht als das, zu dem man aus dem Planfeststellungsbeschluss verpflichtet war oder durch Gerichtsurteile verpflichtet wurde, sofern der Wille dazu vorhanden ist. Heute ist dazu Gelegenheit, Ihren guten Willen unter Beweis zu stellen. Wir werden sehen, wie Sie sich dazu positionieren und abstimmen. – Ich danke erst einmal für Ihre Aufmerksamkeit.