Philip Zeschmann 2.Rede zum Antrag von BVB/FW „Digitalisierung in der Landesverwaltung“ – 26.08.2021

26. Aug 2021

Link zum Vorgang: https://www.bvb-fw-fraktion.de

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Kolleginnen und Kollegen, wenn die Landesregierung überzieht, haben alle mehr Redezeit – ich auch. Das freut mich sehr, denn ich bin ehrlich gesagt völlig entsetzt angesichts der Diskussion – völlig.

Ich hatte bisher den Eindruck, dass in diesem Parlament viele engagierte Politikerinnen und Politiker sitzen, die für Brandenburg etwas bewegen wollen. Nun habe ich den Eindruck, es ist eine Versammlung von Bürokraten, die das Thema nicht schert. Tut mir leid, das ist mein Eindruck. Ich kann Ihnen auch sagen, warum: Ich habe von niemandem von Ihnen irgendeinen konkreten Vorschlag gehört, wie Sie die Probleme lösen und das Bundesgesetz noch umsetzen wollen.

Ich sage Ihnen auch noch einmal, wo der Knackpunkt liegt. Ich habe selbst lange Jahre in diesem Bereich gearbeitet. Wir hatten 2002/2003 schon einmal die Situation, dass im IT-Bereich Standards vom Land erarbeitet und den Kommunen zur Verfügung gestellt wurden. Was ist damals passiert? Die Kommunen haben mit großer Mehrheit gesagt: „Nö, wir haben kommunale Selbstverwaltung; wir müssen uns doch vom Land nichts vorgeben lassen.“ Das Ganze ist gescheitert.

Deswegen ist unser Antrag so geschrieben, wie er geschrieben ist. Die Punkte 3 und 4 sind das zentrale Element. Wenn die Kommunen und die dortigen Entscheidungsträger im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung nicht schnellstmöglich dafür gewonnen und davon überzeugt werden, dass es keinen Sinn ergibt, bei IT-Lösungen das Rad in jeder Kommune neu zu erfinden, sondern dass diese bundesweiten Standards, die das OZG entwickelt, übernommen werden sollten, wird es scheitern. Und da die Kommunen zum Teil kein Interesse gezeigt haben oder vielleicht noch nicht von der Notwendigkeit überzeugt sind, ist es äußerst wichtig, sie darüber zu informieren.

Sie wissen auch alle, was der nächste Schritt sein muss. Fachpersonal im IT-Bereich ist heute kaum noch zu gewinnen, das ist Goldstaub, den die Kommunalverwaltungen erst recht nicht bekommen. Deswegen ist es jetzt, wenn wir alle noch irgendwie ernsthaft erreichen wollen, dass wenigstens ein Teil der E-Government-Leistungen unseren Bürgerinnen und Bürgern in Brandenburg mittelfristig – von Ende 2022 rede ich bei 575 Leistungen gar nicht erst – zur Verfügung steht, müssen wir – dazu gibt es keine Alternative – entsprechendes Personal vonseiten des Landes zur Verfügung stellen, damit es dabei hilft, diese EGovernment-, also IT-Lösungen in die IT-Landschaft der Kommunen zu integrieren und die Schnittstellen zu erstellen und zu programmieren. Das ist der Kernpunkt. Wenn das nicht gemacht wird, wird es in Brandenburg garantiert scheitern. Dazu sprechen wir uns dann wieder.

Deswegen muss ich – tut mir leid, Frau Schäffer – zu dem Verweis darauf, dass wir ja demnächst den OZG-Bericht bekämen, ehrlich sagen: Bürokratischer geht es nicht.

Punkte dieses Antrags passten nicht zur DigitalAgentur – das ist auch eine ganz tolle Aussage. Ihnen fehlt die Fantasie, sich vorzustellen, dass dieser Antrag hilft. Ich sage: Mindestens die Punkte 3 und 4, eigentlich auch Punkt 2, sind die Essentials, die wir brauchen, damit es funktioniert. Wenn das nicht kurzfristig realisiert wird, wird das Ganze gegen die Wand fahren. Davon bin ich zutiefst überzeugt, weil ich lange beruflich in dem Kontext unterwegs war.

Ich habe noch eine Frage an Herrn Schaller. Sie haben auch gesagt, unsere Vorschläge seien nicht zielführend. Vielleicht haben Sie sich mit dem Thema noch nie beschäftigt und haben keine Ahnung davon. Wenn Sie sie als nicht zielführend empfinden, bitte ich Sie, in der Redezeit, die Sie noch haben, konkret auszuführen, welche konkreten Vorschläge und Lösungen Sie als CDU und als Koalitionsfraktionen vorlegen wollen, damit das OZG wenigstens in Teilen – sprich: die E-Government-Dienstleistungen in den Kommunalverwaltungen – angewendet wird, damit diese Dienstleistungen in die IT-Landschaft integriert sind und für unsere Bürger und Unternehmen nutzbar sind. Welche Lösungen schlagen Sie vor?

Zu der Thematik, dass die Kommunen das akzeptieren müssen und dann auch umsetzen und integrieren müssen, habe ich etwas gesagt.

Herrn Büttners Frage – da ganz hinten ist er, sehr schön -, warum das Thema hier im Plenum ist, kann ich sehr genau beantworten: weil es allerhöchste Eisenbahn ist, weil alle Fristen überschritten sind. Es gibt ein Gesetz des Bundes, das umgesetzt werden soll. Mag ja sein, dass das Land Brandenburg sagt: „Das müssen wir nicht, interessiert uns nicht – haben wir eben Pech gehabt.“ – Es wäre aber ein entscheidender Entwicklungsnachteil für unser Land, wenn das nicht zur Verfügung steht. Auch Unternehmen nutzen E-Government-Dienstleistungen, und vom Service für unsere Bürger rede ich dabei noch gar nicht.

Da hilft auch der Verweis auf andere Länder nicht, denn, wie gesagt: Die Kommunen müssen mitmachen, sie müssen das annehmen und sagen: Wir wollen die Standards in unsere IT-Landschaft integrieren. Gebt uns bitte Hilfestellungen für die Schnittstellenprogrammierung! – Das ist der Punkt, um den es hier geht.

Noch kurz zu Herrn Barthels Aussage, unsere Forderungen gingen an der Realität vorbei: Auch von Ihnen und der SPD-Fraktion habe ich kein einziges Wort dazu gehört, wie Sie das Vorhaben denn noch retten wollen. Was sind Ihre konkreten Vorschläge? Wie wollen Sie Kommunen überzeugen, das zu machen? Wie wollen Sie das IT-Personal – die Kompetenzen – zur Verfügung stellen, damit das in die dortigen IT-Landschaften integriert und die Schnittstellen erstellt werden können? Deswegen noch einmal: Wir brauchen dringend – sofort – Hilfe für die Kommunen, Überzeugungsarbeit – das ist Punkt 2 unseres Antrags -, damit die Kommunen verstehen: Ja, wir brauchen das; wir müssen das machen und wollen das auch. – Kommunale Selbstverwaltung: ja oder nein? Das ist egal! Es geht darum, dass diese Sachen vom Land bereitgestellt werden; denn wir haben jetzt ungefähr 20 Jahre hinter uns, in denen die Kommunen einzeln versucht haben, das zu entwickeln. Jeder erfindet also das Rad neu. Das hat nicht funktioniert! Fragen Sie mal herum, warum wir beim E-Government so weit sind, wie wir sind.

Zum Thema Personal habe ich schon etwas gesagt.

Wollen Sie, dass das OZG umgesetzt wird, dass die Vorteile der E-Government-Dienstleistungen auch in Brandenburg zum Tragen kommen? Ich rede gar nicht mehr von Ende 2022 – das ist total unrealistisch -; vielleicht wird es Ende 2023/2024 etwas. Dann müssen Sie unseren Antrag annehmen und die Kernforderungen umsetzen. Wenn Sie das nicht wollen, dann erklären Sie mit Ihrer Stimme dagegen ganz klar den Bankrott Brandenburgs beim Thema E-Government.

Ich bin ganz sicher: Der eine Bericht, der einmal im Jahr vorzulegen ist, wird überhaupt nichts nutzen. Wir werden zum Ende dieses Jahres oder Ende 2022 einen Bericht haben, in dem es heißt: Dreieinhalb von den 575 E-Government-Dienstleistungen haben wir umgesetzt; der Rest ist gescheitert. – Wir sprechen uns wieder; davon bin ich völlig überzeugt. – Danke.

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