Rede von Philip Zeschmann in Textform:
Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Wir haben diesen Antrag – er ist schon einige Male verschoben worden – bereits Ende Januar eingereicht, aber angesichts der aktuellen Randbedingungen ist er aktueller denn je. Windkraftanlagen haben wir in Brandenburg nämlich bereits sehr viele, und die produzieren bei Wind sehr schnell viel Strom, den wir nicht nutzen oder nicht speichern können, weshalb viele dieser Anlagen oft abgeregelt werden, und zwar auf unser aller Kosten.
Wir haben also genug Strom, wenn der Wind ausreichend weht, aber noch immer haben wir eine Versorgungslücke in windarmen Zeiten, besonders bei Hochdruckwetterlagen wie jetzt, wo es meist windarm ist; dafür ist es eben schön sonnig. Mit mehr Photovoltaik könnten wir helfen, zumindest tagsüber die Windlücke in der Energieversorgung zu schließen. Zusätzlicher Vorteil: Flächenphotovoltaik ist nicht mehr subventionsabhängig, weil es sich infolge des Preisverfalls für Photovoltaikanlagen in den letzten Jahren auch so rechnet.
Wir bekommen also erneuerbare Energien ohne Zusatzkosten, was sonst nirgendwo der Fall ist. Sowohl die Fraktion BVB / FREIE WÄHLER als auch die Landesregierung plant ja laut ihrer Energiestrategie einen erheblichen weiteren Ausbau. Das Problem ist nur: Wie jede Energieform hat auch die Flächenphotovoltaik Nachteile. Sie ist auch wetterabhängig, sie macht neue Stromtrassen notwendig, weil sie oft an dezentralen Punkten stationiert wird, und hat vor allem einen großen Flächenbedarf, folglich Konflikte mit dem Naturschutz und dem Landschaftsbild, Konflikte mit Anwohnern und insbesondere Flächenkonkurrenz mit der Landwirtschaft.
Aber diese Konflikte sind vermeidbar. Voraussetzung dafür ist die Errichtung auf geeigneten Flächen. Brandenburg hat riesige Flächen dieser Art, nämlich noch nicht rekultivierte ehemalige Tagebauflächen in der Lausitz. Die Vorteile deren Nutzung liegen auf der Hand: keine direkt angrenzenden Wohnsiedlungen, keine Flächenkonkurrenz mit bestehender Landwirtschaft, kein zu schützender Wald und ein Mangel an Mutterboden; denn nur ungefähr ein Drittel der ehemaligen Tagebauflächen kann mit mehr oder weniger großem Aufwand für die Landwirtschaft nutzbar gemacht werden, was ja auch das Ziel ist. Wegen der Braunkohlekraftwerke sind Stromleitungen im Gigawattbereich direkt angrenzend vorhanden. Daher dürfte es sich bei diesen Flächen wohl um das größte Potenzial für Photovoltaik nördlich des Mains handeln.
Woran es oft noch mangelt, ist die Ausweisung dieser Flächen in den Flächennutzungsplänen. Da liegt mal wieder das Problem, nämlich dass die Kommunen, die hier zuständig sind, oft das Geld und das Personal dafür nicht haben. Daher wäre eine finanzielle Unterstützung dieser Kommunen über die bestehende und bereits seit Sommer letzten Jahres überzeichnete und daher vollkommen unzureichend ausgestattete Planungs- bzw. Förderrichtlinie des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung eine der besten und effizientesten Investitionen in diesem Land, weil vorhandene brachliegende Flächen, die für nichts anderes sinnvoll genutzt werden können, durch neue Flächennutzungspläne oder Änderungen an den bestehenden – das ist kostengünstiger – zeitnah nutzbar gemacht werden, weil der im Rahmen der sogenannten Energiewende erforderliche Ausbau der Photovoltaik – darüber sind sich fast alle in diesem Haus einig – mit großen Schritten, weil auf großen verfügbaren Flächen, vorangebracht werden könnte, weil die Lausitz als Energieregion erhalten bliebe und weil der Kaufdruck auf weniger geeignete, konfliktreichere Flächen insbesondere der Landwirtschaft und des Waldes reduziert wird und die Konkurrenz zur gerade in diesen Tagen besonders systemrelevanten Landwirtschaft – das haben wir in den letzten Jahren gelernt, jetzt zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung – damit reduziert würde.
Im Koalitionsvertrag steht dazu übrigens:
„Unser energiepolitisches Ziel ist es, unter Beachtung des Zieldreiecks Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit sowie der Akzeptanz die in der Region Berlin-Brandenburg rechnerisch benötigte Energie bis 2050 aus erneuerbaren Energien beziehungsweise nachwachsenden Rohstoffen zu erzeugen.“
In der Energiestrategie 2040, die uns im Entwurf vorliegt, steht, dass sie – ich zitiere – „eine Steigerung bei der Photovoltaik von 10,3 Gigawatt installierter Leistung für das Jahr 2040 erreichen wollen. Dies erfordert auch eine höhere Flächenbereitstellung zugunsten von Photovoltaikfreiflächen an Land“. Ergebnis: Da es keine Nachteile, sondern nur Vorteile gibt und die Nutzung der nicht rekultivierten ehemaligen Tagebauflächen einen erheblichen Beitrag dazu liefern kann, Ihre energiepolitischen Ziele aus Ihrem Koalitionsvertrag und auch Ihrer Energiestrategie zu erreichen, können Sie eigentlich gar nicht anders, als diesem Antrag zuzustimmen. Deswegen freue ich mich jetzt schon auf die Debatte.