Rede von Christine Wernicke in Textform:
Frau Wernicke (BVB/FW):
Vielen Dank! – Ich danke für die Debatte und möchte noch einmal auf einen wichtigen Punkt hinweisen. Regelungen, die gegen das Grundgesetz verstoßen – seien sie noch so gut gemeint -, sind nichtig und hinterlassen in der Regel große Lücken und große Probleme. Niemand hier kann mit Sicherheit sagen, dass die Regelung verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Das kann nur das Bundesverfassungsgericht.
Wir können uns alle ausmalen, was es für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Investoren bedeutet, wenn wir den Bau von Windkraftanlagen zu nah an Siedlungen erlauben und sich im Nachgang Gesundheitsgefährdungen oder andere Nachteile für Menschen und Natur herausstellen.
(Beifall BVB/FW)
Das wäre umso schlimmer, wenn die Regelung verfassungswidrig war.
Denken Sie an den Windpark Bernau. Nachträglich stellte sich heraus, dass der Abstand zu gering war und die Generatoren in der Nacht heruntergeregelt werden müssen. Der einzige am 17. Februar angehörte Gesundheitsexperte hat uns sehr deutlich klargemacht, dass ein fester Abstand von 1 000 Metern in den meisten Fällen nicht ausreicht.
(Beifall BVB/FW)
Und nein, Sie machen es sich zu einfach, wenn Sie unseren Antrag nur als reine Windkraftverhinderung ansehen. Die Windkraft ist auch in unserer Strategie nicht wegzudenken, aber der Mix macht es.
(Beifall BVB/FW)
Das Recht zum Ausbau endet spätestens dann, wenn Rechte Dritter – sei es der Umweltschutz oder Gesundheitsinteressen unserer Bürger – davon betroffen sind. Die hier in Rede stehende Frage betrifft nicht die konkrete Ausgestaltung der Schutznorm; sie betrifft schlicht und einfach die Frage der Zuständigkeit. Durch die Normenkontrolle wollen wir sicherstellen, dass wir als sachnähere Entscheidungsebene das Recht zur Regelung beibehalten.
Herr Barthel, mein Vorgarten hat schon lange die Auflagen der Energiewende erfüllt. Ich habe 15 Windkraftanlagen – 250 Meter hoch – in unmittelbarer Nähe; also darum geht es mir hier bei Weitem nicht.
(Beifall BVB/FW und vereinzelt AfD)
Und ja, Herr Barthel: Die wegbrechenden Energieträger müssen ersetzt werden. Dies kann aber nur mit kreativen Lösungen geschafft werden. Aber das Grundgesetz legt auch fest – egal, um was es geht -: Ein Vorhaben darf nie um jeden Preis verfolgt werden. Wenn der Preis die Missachtung des Grundgesetzes beinhaltet, ist er in jedem Fall zu hoch.
Das Bundesverfassungsgericht hat uns in vielen Urteilen ins Stammbuch geschrieben, dass das Grundgesetz unter allen Umständen zu beachten ist. Dazu gehört auch die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern. Denken Sie nur an den Mietendeckel in Berlin.
Ein weiteres Argument, an Frau Walter-Mundt gerichtet: Es geht hier um gesunde Abstände von Windkraftanlagen zu Bewohnern. Das ist kein Bodenrecht. Bodenrechtliche Konflikte betreffen Konflikte zwischen Bodennutzern – gegenläufige Interessen von Bauherren zum Beispiel. Die gegenläufigen Ansprüche beziehen ihre Existenz aus der Nutzung des Bodens selbst. Das Recht der Bürger auf körperliche Unversehrtheit ist universell und nicht vom Bodenrecht abhängig.
Mehr noch: Aus meiner Sicht wollte der Bund mit der Regelung gar nicht die Gesundheit der Bürger schützen. Er wollte eine bestimmte Art der Energieerzeugung fördern. Daher muss er uns auch den Raum lassen, die Gesundheit zu schützen.
Zu Frau Schwarzenberg: Dass die Gefahren deutschlandweit gleich geregelt werden müssen und können, ist aus meiner Sicht falsch. An der Küste ist der Wind im Jahresmittel stärker als in Bayern. Flaches Land fängt den Schall schlechter ab als ein Wald oder ein Hügel. Da liegt unser Problem: Gerade auch wir Brandenburger leisten bereits einen weit überdurchschnittlichen Beitrag zur Windenergie, und wir versorgen sogar teilweise Berlin mit.
Wie die Anhörung jetzt ergeben hat – und auch das ist vielleicht noch missverständlich – gelten die Regelungen der TA Lärm im Außenbereich nicht gleichmäßig, also nicht so wie in bebauten Gebieten. Da gibt es Abstufungen.
Wie bereits gesagt können wir unseren Beitrag zur Energiesicherheit nicht weiter steigern, ohne Abstriche bei der Gesundheit zu machen – das funktioniert beim besten Willen nicht.
All das, was Sie hier zur Zulässigkeit und Begründetheit unseres Antrages vorgetragen haben, ist genauso vertretbar wie unsere Auffassung. Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Für all das, was in der Antragsbegründung steht, haben wir auch wichtige Stimmen in der Wissenschaft gefunden. Fakt ist: Die im Jahr 2015 schon kritischen Stimmen zur alten Länderöffnungsklausel sind mit der neuen Ausgestaltung lauter geworden, und es ist dringend anzuraten, sie ernst zu nehmen.
(Beifall BVB/FW)
Keinesfalls dürfen wir den Fehler des Berliner Abgeordnetenhauses wiederholen, das mit dem Mietendeckel jede Warnung in den Wind geschlagen und nun mit den Folgen der Ignoranz zu kämpfen hat.
Wenn Sie glauben, dass diese Normenkontrolle keine Chance auf Erfolg hat, gehen Sie doch das Risiko ein! Stimmen Sie zu und lehnen Sie sich zurück!
Mag es wirtschaftlich für den Investor und energiepolitisch für das Wunschdenken der Grünen noch so reizvoll sein, die Grenzen so niedrig wie möglich zu halten – wo es um die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger geht, muss Schluss sein!
(Beifall BVB/FW)
Es ist unser Job, hier die Grenze zu ziehen. Der Bund kann und darf uns das nicht verbieten. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu!