Philip Zeschmann zum Gesetzentwurf von CDU, SPD, Grüne „Änderung des ÖPNV-Gesetzes“ – 14.09.2022

14. Sep. 2022

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Wie wir schon gehört haben, müsste es bei der Änderung des ÖPNV-Gesetzes eigentlich darum gehen, die Dynamisierung, die im Koalitionsvertrag fixiert ist, in das Gesetz zu übernehmen. Aber warum steht genau das eigentlich nicht dort, wo es hingehören sollte? Im Koalitionsvertrag steht nämlich – ich zitiere gern einmal die Zahlen 519 und 520 -:

„Wir werden die Mittel für die Kommunen nach dem ÖPNV-Gesetz, die nicht für Investitionen eingesetzt werden, jährlich um 1,5 Prozent dynamisieren“.

Anscheinend wollen die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen gerade diese Dynamisierung nicht umsetzen, sondern sie nur mit jedem Haushaltsgesetz jährlich in Abhängigkeit von der Kassenlage vornehmen – oder eben auch nicht. Das ist ÖPNV Finanzierung und damit die Aufrechterhaltung unserer Busverkehre im Land nach Kassenlage.

(Beifall BVB/FW)

Vom Ausbau des kommunalen ÖPNV zum Erreichen des zentralen verkehrs- und klimapolitischen Ziels, das Sie in Ihrem Koalitionsvertrag formuliert haben, nämlich eines 60%igen Anteils des Umweltverbundes am Modal Split, sind Sie damit mittel bis langfristig Lichtjahre entfernt.

Unfassbar eigentlich: Wie sollen denn die Landkreise unter solch unzureichenden Rahmenbedingungen den ÖPNV und seine Finanzierung verlässlich langfristig planen? – Auch Sie wissen sicherlich aus Ihren kreislichen Erfahrungen, dass die kreislichen Nahverkehrspläne in der Regel für fünf Jahre aufgestellt werden und die Vertragsgrundlage für die Verträge mit den Verkehrsgesellschaften und Busverkehrsgesellschaften bilden.

Das ist aber noch lange nicht das einzige Versäumnis. Es kommt noch viel schlimmer. Müsste es bei einer Änderung des ÖPNV-Gesetzes nicht darum gehen, mindestens – jetzt kommt der Knackpunkt – den Status quo der Busverkehre finanziell abzusichern? – Aber nicht einmal das vermögen Sie noch auf den Weg zu bringen. Unser Änderungsantrag leistet allerdings genau das.

(Beifall BVB/FW)

Nachdem Sie die entsprechenden Zuweisungen an die Landkreise seit 2007 nicht mehr erhöht haben, mussten die Kreise für das Auffangen aller Kostensteigerungen – zusätzliche Lohn- und Energiekosten in den letzten 15 Jahren im Busverkehr – immer mehr Geld aus ihren Haushalten aufwenden, was eigentlich die Aufgabe des Landes gewesen wäre. Da bin ich Herrn Barthel dankbar. Er hat genau das für seinen Kreis im Ausschuss definitiv bestätigt.

In dem vorliegenden Gesetzentwurf werden weder diese – so sage ich es einmal – Landesschulden für die zurückliegenden Jahre beachtet, geschweige denn beglichen, noch wird ein besonderer Ausgleich für den extremen Treibstoffkostenanstieg und die damit verbundenen Personalkosten in der aktuellen, historisch höchsten Inflation gewährt. In Zeiten explodierender Preise und damit auch Kosten sowohl bei den Busgesellschaften als auch bei den Kreisen als Träger des ÖPNV muss, um die klimapolitischen Zielsetzungen zu erreichen, doch wenigstens das möglich sein. Wenn Sie das nicht tun, können Sie nicht erwarten, dass irgendein ÖPNV ausgeweitet wird, was laut Koalitionsvertrag eigentlich Ihr Ziel ist, sondern der ÖPNV wird aus Kostengründen zusammengestrichen werden.

(Beifall BVB/FW)

Wie wollen Sie auf diesem Holzweg jemals Ihr Ziel von 60 % Umweltverbund im Modal Split erreichen?

Im Ausschuss hat übrigens auch Herr Kollege Barthel sehr deutlich gemacht – ich bin ihm nochmals sehr dankbar -, dass der Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2019 und damit aus ganz anderen Zeit stamme. Das hat er wörtlich so gesagt. Demzufolge nehmen wir zur Kenntnis, dass der Koalitionsvertrag ohnehin Makulatur ist.

Was ist dann noch die Grundlage, und was sind die Zielsetzungen Ihres Regierungshandelns außer bloßem Machterhalt, werte Kollegen der Koalitionsfraktionen? – Bitte informieren Sie doch uns als Landtag, die Bürgerinnen und Bürger, die Öffentlichkeit darüber, was Sie überhaupt noch zu tun oder zu verändern beabsichtigen. Oder haben Sie mit dem Koalitionsvertrag endgültig aufgegeben, unser Land voranbringen, irgendetwas verbessern oder verändern zu wollen? Dann wären Sie allerdings lediglich eine Stillstandskoalition zur Bewahrung der Macht und zum Schaden Brandenburgs.

Sie haben natürlich das Recht, das zu tun. Das wurde hier eben schon gesagt. Aber Sie haben die Volksinitiative „Verkehrswende Brandenburg jetzt!“ vor Kurzem quasi angenommen, die wesentlichen Punkte übernommen. Ich bin sehr gespannt, wie Sie den Initiatoren und den vielen Tausend Menschen, die das unterschrieben und unterstützt haben, erklären wollen, dass Sie mit dieser Gesetzvorlage nicht einmal den Erhalt des Status quo bei unseren Busverkehren im ganzen Land ausfinanzieren wollen, (Beifall BVB/FW) ganz zu schweigen davon, attraktive Alternativen für den Pkw-Verkehr zu realisieren, was die Voraussetzung dafür ist, dass Ihr Ziel, nämlich 60 % Anteil des Umweltverbundes am Modal Split, vielleicht irgendwann einmal erreicht werden kann. Die meisten Menschen in unserem Land, die in ländlich geprägten Regionen leben, sind nämlich mangels akzeptabler Alternativen trotz unbezahlbarer Treibstoffkosten auf ihren Pkw angewiesen.

Deswegen kann ich nur empfehlen: Wenn Sie wenigstens den Status quo des ÖPNV sichern wollen, stimmen Sie unserem Antrag zu! Er ist mit den Fachverbänden abgestimmt. Dort ist von 100,7 Millionen Euro jährlichen Zuweisungen die Rede – anstatt der 86 Millionen Euro, die Herr Rüter hier angeführt hat. Das gleicht bei den Investitionen in Personal und Treibstoff ungefähr die Kostensteigerungen aus; bei den Schülerverkehren ist das ebenso. Das ist mit eingerechnet. Mit der 1,8-%- Dynamisierung versucht man geradezu zaghaft, die beschleunigte Inflation auszugleichen. Wahrscheinlich wird das gar nicht reichen.

Also: Sichern Sie den Status quo unserer ÖPNV-Angebote, insbesondere unserer Busverkehre in den Kreisen und im ganzen Land Brandenburg. Stimmen Sie deswegen unserem Antrag zu! Wenn Sie das nicht tun, werden Sie ansehen müssen, wie genau dieser ÖPNV zusammengestrichen wird. – Danke schön.

(Beifall BVB/FW)

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