Philip Zeschmann zur 2. Lesung von SPD, CDU, Grüne „Anpassung der Beamtenbesoldung“ vom 12.10.2022

12. Okt. 2022

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Auf den ersten Blick erweckt der vorliegende Gesetzentwurf den Eindruck, als ob wir das hier ohne große Diskussion durchwinken könnten. Schließlich gehe es doch nur – das wurde auch schon angesprochen – um eine nachholende Anpassung der beamtenrechtlichen Grundlagen an den schon im letzten Herbst erzielten Tarifabschluss für die Angestellten.

Auf den zweiten Blick ist das leider nicht so einfach, denn im Gesetzentwurf steht, dass viele der Vereinbarungen, die bereits im November 2021 getroffen wurden – also vor fast einem Jahr -, nun erst nach Verabschiedung des Gesetzes zum 01.12. dieses Jahres umgesetzt werden sollen, allerdings auf der Berechnungsgrundlage für das Jahr 2023. Dies entspricht einer deutlichen Benachteiligung der Landesbeamten gegenüber den Angestellten im Landesdienst, also das Gegenteil des Umsorgens und der Wertschätzung, die Herr Kollege Vogelsänger hier vorgespiegelt hat.

Deshalb haben wir einen Änderungsantrag zu diesen Punkten in den Ausschuss eingebracht, der aber aufgrund der komplexen Berechnungsformeln für diese Anpassung der beamtenrechtlichen Besoldung hier jetzt nicht noch einmal vorliegt. Leider berücksichtigen die Änderungsanträge, die ansonsten vorliegen, dieses komplexe Verfahren nicht wirklich.

Es geht aber noch weiter. Zu fragen ist hier natürlich: Ist ein Tarifabschluss vom November 2021, der damals aktuell war, heute, unter den stark veränderten Rahmenbedingungen – insbesondere der steigenden Inflation, die damals noch gar nicht als Phänomen wahrgenommen wurde und seitens der EZB noch als vorübergehende Erscheinung interpretiert wurde – und den explodierenden Energiepreisen überhaupt noch zeitgemäß? Kann man das wirklich ein Jahr nach der Verhandlung überhaupt noch übernehmen? Müsste man hier nicht der veränderten Realität Rechnung tragen und bei fast 10 % Inflation die 2,8-%-Steigerung der Einkünfte anpassen?

Dafür spricht auch eine andere Tatsache, was, glaube ich, bereits angesprochen wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil des Zweiten Senats vom 4. Mai 2020 darauf verwiesen, dass hier eine angemessene Versorgung der Beamtenschaft sicherzustellen sei. Es gibt auch Stellungnahmen – aus der Anhörung wurde schon zitiert – zu diesem Gesetzentwurf, die sagen, dass das mit dem hier vorliegenden Entwurf nicht gegeben sei.

Ohne mich jetzt in den rechtlichen Interpretationen dieses Urteils ergehen und Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, langweilen zu wollen, muss ich aber bei allem Verständnis für all diese Erwägungen als Haushaltspolitiker auch schauen, was unter den aktuellen finanzpolitischen Rahmenbedingungen überhaupt möglich sein könnte. Es fällt natürlich schwer, belastbare Aussagen zu treffen, da die aktuelle Haushaltsplanung unter extrem unsicheren Rahmenbedingungen erfolgen muss. Das haben wir heute Vormittag bereits ausgiebig diskutiert. Denn explodierende Energiekosten haben nicht nur zur Folge, dass die Preise weiter steigen und die Produkte und Dienstleistungen teurer werden, sondern natürlich auch, dass die Kosten der Unternehmen steigen, sie im Wettbewerb diese Kosten nicht weitergeben können und es damit zu immer mehr Insolvenzen und damit wiederum zu steigender Arbeitslosigkeit kommt.

Die öffentlichen Hände werden aber nicht nur mit kaum mehr kalkulierbaren steigenden Kosten auf der Ausgabenseite und bei den Investitionen belastet. Auch die Einnahmen drohen wegen fehlender Gewinne und zunehmend nicht mehr vorhandener Unternehmen und damit einhergehender fehlender Steuerzahlungen einzubrechen. Nur deshalb haben wir hier keinen Änderungsantrag über eine Anpassung der 2,8 % nach oben eingebracht, der eigentlich nötig gewesen wäre.

Was wir aber alle zusammen – das haben einige Vorredner schon angesprochen – hier sicherzustellen haben, da wir alle auch die gemeinsame Verantwortung für unsere Landesbediensteten und für das Land Brandenburg tragen, ist, dass wir mit anderen Bundesländern hinsichtlich der Bezahlung unserer Beamten konkurrenzfähig bleiben müssen.

(Beifall BVB/FW)

Denn wir alle wollen nicht zuschauen müssen, wie insbesondere dringend benötigte Lehrer oder Polizisten in andere Bundesländer – insbesondere Berlin – abwandern, nur weil sie dort ein paar Euro mehr verdienen oder die Anpassungen der Besoldung schneller, rechtzeitiger und rückwirkend vorgenommen wurden. Leider hat die Koalition bzw. die Landesregierung diese Anpassung der Besoldung zum 01.01.2022 gar nicht durchgeführt, sondern hat sie ausfallen lassen, weshalb wir Sie, liebe Beamte des Landes, ermuntern müssen, gegen den hier vorliegenden Gesetzentwurf, der wohl auch beschlossen wird, zu klagen.

Auch künftig stehen wir als Land Brandenburg weiterhin mit anderen Bundesländern im Wettbewerb um gute Beamte, insbesondere um Lehrer und Polizisten, weshalb wir es uns nicht erlauben können, hier ins Hintertreffen zu geraten.

(Beifall BVB/FW)

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