Schutz persönlicher Daten wird den Interessen der Windkraftindustrie untergeordnet – sie soll nun freien Zugriff auf die Grundbücher erhalten
Grundbücher sind beschränkt öffentliche Register, die für jedes Grundstück zahlreiche Daten sowie den oder die jeweiligen Eigentümer aufführen. Sie enthalten dabei auch persönliche Daten wie etwa Geburtsdaten und Wohnanschrift der Grundstückseigentümer. Da die Veröffentlichung dieser Daten zur Belästigung der Eigentümer führen kann, bekommt nur Einsicht in die Grundbücher, wer ein sogenanntes berechtigtes Interesse vorweist. Das sind beispielsweise Nachbarn, Inhaber von Dienstbarkeiten wie etwa Wegerechten oder auch die jeweilige Gemeinde.
Ein potenzielles Kaufinteresse gilt hingegen zurecht nicht als „berechtigtes Interesse“. Denn selbst wenn ein Eigentümer gar nicht verkaufen will, sind dessen persönliche Daten dann öffentlich. Da anschließend die Belästigung oft überhandnahm, entschieden Gerichte vor Jahrzehnten, dass selbst ein Notar nur bei berechtigtem Interesse eine Grundbucheinsicht vornehmen kann. Wer sein Grundstück verkaufen oder vermieten will, kann dieses jederzeit selbst öffentlich anbieten.
Für Windkraft und Co. beseitigen Justizminister den Datenschutz
Dennoch traf die Konferenz der Justizminister im November 2022 den Beschluss, der Windkraft- und Photovoltaikindustrie uneingeschränkten Zugriff auf alle Daten des Grundbuchs zu geben. Dieser Beschluss geht jetzt als Empfehlung auf die Bundesebene – ohne dass die Landesparlamente je darüber debattiert oder abgestimmt hätten.
Diese Entscheidung steht im klaren Widerspruch zur gefestigten Rechtsprechung, die eine Einsicht allein wegen eines Kauf- (bzw. Pacht-) Wunsches zurecht ablehnt. Und nichts anderes liegt hier vor. Doch behauptet man, erneuerbare Energie produzieren zu wollen, kann jeder Einsicht in das Grundbuch nehmen und sich so Daten von Grundstückeigentümern beschaffen. Selbst wenn diese gar nicht verkaufen oder verpachten wollen. Das kann dann auch zu weiteren unerwünschten Effekten führen – etwa Zermürbung oder Drucksituationen.
Auch darf bezweifelt werden, dass ein solches Einsichtsrecht hier wirklich zum Erfolg verhilft. Wer sein Grundstück verkaufen oder verpachten will, wird sich dem Markt zeigen und von sich aus eine breite Käuferschaft ansprechen. Wer das nicht tut, hat vermutlich kein Interesse, sein Grundstück zu verkaufen oder zu verpachten. Und sollte – dem Grundgedanken des Datenschutzes folgend – in Ruhe gelassen werden.