Rede von Christine Wernicke in Textform:
Frau Christine Wernicke (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die oppositionelle Kritik an der Aufstellung eines Doppelhaushaltes ist ungehört verhallt. Es kann nun nur darum gehen, das Land Brandenburg für die anstehenden Aufgaben der nächsten zwei Jahre zu wappnen und uns wider besseres Wissen damit auch auf Haushaltsansätze bis 2024 festzulegen. An Problemlagen, die es dabei zu lösen gilt, mangelt es nicht. Neben den finanziellen Ressourcen spielt Zeit eine entscheidende Rolle. Besonders deutlich wird dies beim Waldumbau und bei der Grundwasserproblematik in Brandenburg.
Der Doppelhaushalt 2023/2024 lässt nicht klar erkennen, dass diese Herausforderungen dem Ernst der Lage entsprechend wahrgenommen werden. Die meisten meiner Vorredner haben sich mit der aktuellen Lage beschäftigt – und mit den Millionen, die dieser Haushalt enthält. Ich habe mir einmal die Haushaltspositionen und deren Erläuterungen angeschaut und wollte herausfinden, zu welchem Zweck welcher Empfänger welche Mittel bekommt.
(Lachen des Abgeordneten Hünich [AfD])
Ich will Ihnen hierzu ein paar Beispiele geben: Für die Umsetzung des Tierschutzplanes und der Nutztierstrategie sollen im Titel 526 85 anstelle der im Jahr 2022 verwendeten 305 000 Euro nunmehr 600 000 Euro jährlich in den Ansatz gebracht werden. Zitat aus dem Einzelplan 10:
„Zur Weiterführung des Dialogprozesses zum Tierschutzplan sind die an der Erarbeitung des Tierschutzplans beteiligten Interessengruppen in Arbeitsgruppen weiterhin mit einzubeziehen, damit diese die Forderungen nach geförderter Forschung zu Einzelfragen der Tierhaltung weiter hinreichend konkretisieren können.“
Auf meine Nachfrage, welche Interessengruppen in welchen Arbeitsgruppen hier konkret beteiligt sind, wurden zwar zehn Verbände aufgeführt, die im Beirat zum Tierschutzplan vertreten sind, darunter NABU und BUND, aber auch das Aktionsbündnis Agrarwende und der Landesbauernverband.
(Hünich [AfD]: Ach!)
Interessengruppen, die in Arbeitsgruppen tätig sind, wurden jedoch nicht benannt. Der Erläuterung im Plan ist zu entnehmen, dass nun die Lösung von Fragestellungen aus dem Dialogprozess mittels Abschluss von Werkverträgen erfolgen soll. Da sei doch einmal die Frage erlaubt, wer diesen Bedarf dafür wie ermittelt hat und welchen Mehrwert die Interessengruppen in Arbeitsgruppen, die es nicht gibt, für Brandenburg mit diesen 1,2 Millionen Euro über die nächsten zwei Jahre erzielen wollen.
(Beifall BVB/FW und AfD)
Im darauffolgenden Haushaltstitel, 683 85, sind zur Unterstützung von betrieblichen Maßnahmen und Projekten zur tierwohlgerechten Nutztierhaltung ebenfalls Mittel im Umfang von jährlich 600 000 Euro pro Jahr vorgesehen. Da es hier um die Unterstützung von Betrieben bei der Einführung tiergerechter Haltungsverfahren geht, ist doch die Umsetzung des Tierschutzplanes schon im Gange. Das Geld aus dem Titel davor wäre sinnvoller über diesen Ansatz in die konkrete Umsetzung von Maßnahmen zu investieren als in Interessengruppen in Arbeitsgruppen, die es offensichtlich nicht gibt.
(Beifall BVB/FW)
Interessant ist auch der Titel 684 10 im Kapitel „Klimapolitik“: Hier sollen die Zuschüsse an soziale und ähnliche Einrichtungen mal eben auf 2,75 Millionen Euro pro Jahr mehr als verdoppelt werden. Meine Nachfrage ergab einen offenbar deutlich gestiegenen Finanzbedarf zur Förderung der Versuchsanstalt für Gartenbau und Arboristik und des Forschungsinstitutes für Bergbaufolgelandschaften in Finsterwalde. Ich frage Sie: Sind das soziale oder ähnliche Einrichtungen?
(Vida [BVB/FW]: Nichts davon! – Beifall BVB/FW)
– Nichts davon – genau.
Im Titel 526 72, im Kapitel des Landesamts für Umwelt, sollen die Kosten für Sachverständige sowie Gerichtskosten von bislang 12 100 Euro auf jährlich 402 100 Euro steigen.
(Lachen des Abgeordneten Vida [BVB/FW])
Welche Sachverständigen- bzw. Gerichtskosten denn bei der Umsetzung von Planungen für Modellvorhaben der nachhaltigen Regionalentwicklung und des Klimaschutzes hier zusätzlich entstehen könnten, wurde vom MLUK bisher nicht mitgeteilt. Den Erläuterungen im Einzelplan ist stattdessen zu entnehmen, dass aus dieser Haushaltsstelle offenkundig Planungen für Konzepte und Modellvorhaben in größerem Umfang finanziert werden sollen, unter anderem für die Ermittlung potenzieller Dachflächen für Photovoltaikanlagen am Beispiel einer NaturparkKommune. – Kennen Sie den Solaratlas von Brandenburg? Anscheinend nicht. Ebenso geht es um die beispielhafte Planung und Umsetzung der Pflanzung von klimaresistenten und insektenfreundlichen Pflanzen im öffentlichen Raum – Hinweis von mir: Damit beschäftigt sich das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung schon seit Jahren.
Oder – die Krönung -: 200 000 Euro für das Modellvorhaben „Bürgermeisterschule zu klimarobusten Gemeinden“, um niedrigschwellige Exkursionsangebote von Best-Practice-Beispielen für Bürgermeister und Gemeindevertreter zu dem Thema „Wie bringe ich mehr Klimaschutz in die Gemeinde?“ anzubieten. – Echt die Krönung!
(Beifall BVB/FW und AfD)
Das passt ganz hervorragend zu dem Haushaltstitel „Sachverständigen- und Gerichtskosten“. Ich frage mich: Wo sind wir hier eigentlich, und wer soll hier womit versorgt werden?
(Beifall BVB/FW und AfD)
Das hat sich auch bei dieser Haushaltsplanung gezeigt: Allein die parlamentarische Mehrheit, meine Damen und Herren von der Koalition, ist kein Garant für die Richtigkeit der getroffenen Entscheidungen.
(Beifall BVB/FW)
Der von uns eingebrachte Änderungsantrag zur Unterstützung des flächendeckenden Einbaus einer vierten Klärstufe zur Aufbereitung des Abwassers und zum Zwecke landwirtschaftlicher Nutzung und grundwassersichernder Versickerung sollte eine Prioritätenliste anführen.
(Beifall BVB/FW)
Mit einem weiteren Änderungsantrag schlägt die Fraktion BVB / FREIE WÄHLER zum Thema Wasser vor, ein Ausgleichsystem zwischen den Regionen durch eine interkommunale Kooperation zwischen den Zweckverbänden zu schaffen. Es ist allemal sinnvoller, jetzt Sicherungsmaßnahmen zur Trinkwasserversorgung zu etablieren, als später, in akuten Notsituationen, Gelder als Rettungsschirm auszugeben.
(Beifall BVB/FW)
Getreu dem Sprichwort „Schaffe in der Zeit, dann hast du in der Not“ hoffe ich auf ein Überdenken der bisherigen Positionen. So erfreulich die weitere gemeinsame Unterstützung des Kleingartenwesens auch ist, dies reicht nicht aus, um diesen Einzelplan zu befürworten. – Vielen Dank.
(Beifall BVB/FW)