Rede von Ilona Nicklisch in Textform:
Frau Nicklisch (BVB/FW): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Im Zuge der Umsetzung der Reform des Betreuungsrechts gibt es vielfältige neue Regelungen. Auf alle Akteure des Betreuungswesens kommen umfangreiche Veränderungen zu. Für die rund 1,3 Millionen betreuten Menschen in Deutschland und etwa 46 000 Betreuten in Brandenburg soll dadurch ein Mehr an Qualität und Selbstbestimmung erreicht werden. Mit dem Ausführungsgesetz werden die Weichen für die Verwirklichung von Verbesserungen gestellt.
Über den bestehenden Nachbesserungsbedarf hinsichtlich des Gesetzentwurfs wurde im ASGIV ausführlich beraten, so auch im Rahmen einer Anhörung im Oktober. Diese war sehr aufschlussreich und hat dazu beigetragen, unterschiedliche Perspektiven und entsprechendes Fachwissen in den Gesetzentwurf einfließen zu lassen.
Ein wichtiger Kritikpunkt war der Versorgungsschlüssel. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der steigenden Betreuungszahlen ist der ursprünglich angedachte Schlüssel mit einer Fachkraft je 100 000 bzw. 120 000 Einwohner nicht ausreichend. Die zusätzliche Arbeit, die dadurch auf die Betreuungsvereine zukommen würde, wäre bei der derzeit bestehenden Arbeitsbelastung nicht zu bewältigen, zumal der Vorschlag mit einem starren Bezug auf Einwohnerzahlen unserer Ansicht nach unausgereift ist, da in manchen Gebieten weniger und in anderen Gebieten mehr Betroffene leben.
Bereits heute haben Betreuer 50 bis 60 Menschen zu betreuen. Ich kann aus der Lausitz berichten. Dort sind es teilweise sogar 70 bis 90 Menschen. Wenn Betreuer zu viele Menschen betreuen, kann das problematisch sein. Manche zu Betreuenden kennen ihre Berater kaum, obwohl der persönliche Kontakt doch so wichtig ist. Sich nur einmal im Quartal sehen zu lassen, kann nicht Sinn und Zweck einer Betreuung sein.
Angesichts dessen ist die von der Koalition vorgeschlagene Änderung des Schlüssels auf eine Fachkraft je 70 000 Einwohner zu begrüßen. Um eine nachhaltige und bedarfsgerechte Aufgabenwahrnehmung zu gewährleisten, wäre aber eigentlich sogar die im Ausschuss von den Linken vorgeschlagene Änderung auf 50 000 anzustreben. Immerhin spiegelt diese Zahl laut Anhörung das bislang praktizierte und bewährte Niveau wider.
In jedem Fall gilt es, einer Unterversorgung entgegenzuwirken. Der Problematik des Fachkräftemangels muss begegnet werden. Dieser darf die qualifizierte Betreuung nicht gefährden. Dazu muss auch eine ausreichende Zahl an Betreuern ausgebildet werden. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle nochmals das Engagement der ehrenamtlichen Betreuer. Immerhin gibt es in Brandenburg durchschnittlich 19 256 ehrenamtliche Betreuungen. Aus unserer Sicht muss das Ehrenamt mehr anerkannt, gewürdigt und gestärkt werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt in Bezug auf den Gesetzentwurf ist der Finanzierungsanspruch der Betreuungsvereine. Die Finanzierung muss auseichend sein, um eine bedarfsgerechte Ausstattung und Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Angesichts der aktuellen Lage ist eine Anpassung der Finanzierung alle drei Jahre nicht förderlich. Die Änderung auf eine einjährige Anpassung ist daher sehr zu begrüßen.
(Beifall des Abgeordneten Stefke [BVB/FW])
Auch ich bedanke mich sehr bei den Betreuern, ob ehrenamtlich oder amtlich angestellt; denn ich weiß nicht nur, was sie an Arbeit erbringen, sondern auch, was sie in dieser Zeit manchmal menschlich leisten müssen. Also herzlichen Dank für diese Arbeit! (Beifall BVB/FW sowie vereinzelt AfD und DIE LINKE) Der Beschlussempfehlung werden wir selbstverständlich folgen.
(Beifall BVB/FW sowie vereinzelt DIE LINKE)