Matthias Stefke zum Antrag von BVB/FW – Karneval als Kulturgut fördern – 22.02.2023

22. Feb 2023

Rede von Matthias Stefke in Textform:

Matthias Stefke (BVB/VW):

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen in diesem Hohen Haus! Ich hoffe sehr, Sie haben Humor und schmeißen mich jetzt nicht gleich raus, wenn ich heute, am Aschermittwoch, in Versen erzähle und für meinen Beitrag die Form der Büttenrede wähle. Bei einem Antrag zum Karneval liegt das einfach auf der Hand. Das sieht doch ein jeder so, der ist bei Sinn und Verstand.

(Hünich [AfD]: Haha!)

Es wird auch keine Rede auf dem Niveau zweier Bundesdamen, denn ich bin weder grün hinter den Ohren, noch trag ich Doppelnamen. Aber beim Thema Karneval bin ich auch nicht schüchtern und leise, sondern erweise ihm die Ehre auf diese besondere Weise. Der Karneval ist schon lange ein wichtiger Teil der Kultur in unserem Land, und deshalb hoffe ich sehr, Sie heben für die Anerkennung als Kulturgut heute auch Ihre Hand.

(Die Abgeordneten der BVB / FREIE WÄHLER Fraktion heben die Hände.)

Karneval wurde schon 2014 von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt – und als Ausdruck von Freude und Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft in einem Land.

(Beifall der Abgeordneten Adler und Keller [SPD] – Keller [SPD]: Jetzt klatscht mal ein bisschen!)

Entstanden vor Jahrhunderten aus einem sehr alten Brauch – vor Ostern kam das Fasten, davor das große Feiern aber auch. Bereits im 14. Jahrhundert historisch dokumentiert – was meinen Sie wohl, wo?

(Zuruf: Hier!)

Na, im Rheinland natürlich, aber in Lenzen in der Prignitz ebenso. Ja, eher katholisch geprägte Lande sind für den Karneval bekannt, doch nicht aus jedem protestantischen Flecken wurde er früher verbannt.

Im 15. Jahrhundert in Bremen gaben die Protestanten auf den Karneval keinen Heller, drum heißt es dort noch heute, man geht in Bremen zum Lachen eben in den Keller. Bei uns in Brandenburg, quer über das ganze Land verteilt, hat den Karneval bis jetzt jedenfalls ein besseres Schicksal ereilt. Deshalb hoffe ich sehr, Sie heben heute für die Anerkennung als Kulturgut auch Ihre Hand, denn Karneval ist schon seit 600 Jahren ein fester Teil der Kultur in unserem Land.

Ganze 134 Vereine gibt es in Berlin und Brandenburg heute. Darauf kann und sollte man richtig stolz sein, liebe Leute!

(Beifall BVB/FW)

Die beiden ältesten Vereine wurden 1948 aus der Taufe gehoben: in Annahütte – Lausitz – und in Lenzen – Prignitz -, das kann man nur loben. Selbst zu DDR-Zeiten ging es mit dem närrischen Treiben fröhlich weiter. Überall in Brandenburg wurden die Vereine gegründet – ganz munter und heiter. Sie wurden sogar offiziell mit Genehmigung des Ministeriums für Kultur als solche anerkannt – in den 50er-, 60er-, 70er- und 80er-Jahren im ganzen Land. Karnevalsvereine gibt es heute von Ost nach West und von Süd nach Nord in 122 von 413 Gemeinden Brandenburgs, also in fast jedem dritten Ort.

(Beifall BVB/FW sowie der Abgeordneten Adler und Keller [SPD])

Ob in Neulewin, Belzig, Calau, Berge und Potsdam – ich kann sie hier nicht alle nennen, aber Sie werden die Vereine mit Sicherheit aus Ihren eigenen Wahlkreisen kennen. Deshalb hoffe ich, Sie haben die Bedeutung des Karnevals für Brandenburg nun auch erkannt und heben gleich für die Anerkennung als Kulturgut frohgestimmt Ihre Hand.

(Beifall BVB/FW sowie der Abgeordneten Keller [SPD] und Bretz [CDU])

Auch in der Staatskanzlei hat Karneval eine lange Tradition, mit Prinzenpaaren schmückt man sich seit vielen Jahren schon. Wenn der Ministerpräsident sich gerne lässt von der Prinzessin küssen, dann wird man Karneval auch als Kulturgut anerkennen müssen,

(Beifall BVB/FW sowie der Abgeordneten Keller und Vogelsänger [SPD])

sonst wäre der Empfang dort keine Ehre, sondern reine Heuchelei – das sag ich hier laut und deutlich, und ich bleibe auch dabei.

Es ist eine Sache, beim Zug der fröhlichen Leute winkend auf der Tribüne zu stehen, doch wie ehrlich Ihre Unterstützung für den Karneval wirklich ist, werden wir heute sehen. Es geht dabei nicht nur um die 15 000 Brandenburger, die in den Vereinen Mitglied sind. Nein, es geht um alle, die sich daran erfreuen: Oma, Opa, Vater, Mutter, Kind.

Die Karnevalsvereine organisieren Umzüge, Veranstaltungen, Auftritte und Feste, und ob Alt oder Jung: Beim Singen, Tanzen und in der Bütt geben alle das Beste. Deshalb fordere ich Sie auf, heute für den Karneval auch das Beste zu geben und gleich für die Anerkennung als Kulturgut mutig Ihre Hand zu heben.

(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Keller [SPD])

Vielleicht fragen Sie sich: Warum ist das denn plötzlich so wichtig? – Weil daran eine Menge dranhängt, verstehen Sie das bitte richtig. Während Corona wurden die Karnevalsvereine extrem schwer getroffen – weder zum Proben noch für Veranstaltungen war irgendwo irgendwas offen. Die Sportvereine wurden finanziell unterstützt wie auch das Theater und Kabarett, aber die ehrenamtlichen Karnevalsvereine überhaupt nicht – und das war gar nicht nett. Zuschüsse aus dem Kulturfonds des Bundes hat die ILB ihnen nicht gegeben. Auch die Anrufung des Petitionsausschusses konnte das Problem nicht beheben, weil Kultur in Brandenburg nach deren Ansicht nur ein hauptamtliches Schaffen ist – jetzt seien Sie mal ehrlich, diese Haltung ist doch der größte Mist.

(Beifall BVB/FW)

Die Vereine brauchen Geld, um steigende Kosten zu decken und Kostüme zu kaufen – oder sollen sie beim nächsten Auftritt etwa nackig über die Bühne laufen?

Karneval ist schon sehr lange ein wichtiger Teil der Kultur in unserem Land. Geben Sie ihm heute die Anerkennung als Kulturgut und heben Sie dafür die Hand.

(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Walter [DIE LINKE])

Die Meinung Einzelner aus SPD und CDU dazu habe ich schon gehört – die Äußerungen von Herrn Redmann und Herrn Keller haben mich sehr empört.

(Beifall BVB/FW)

Die Unterstützung der Karnevalsvereine sollen demnach lieber die Kommunen stemmen. Dann sollen sich die Landespolitiker in Zukunft auch jegliche Karnevalsauftritte klemmen.

(Anhaltender Beifall BVB/FW)

Kein Empfang der Prinzenpaare in der Staatskanzlei und kein Zug der fröhlichen Leute, kein „Heut’ steppt der Adler“ und keine Karnevalsveranstaltungen als politische Beute!

Besser wäre jedoch, wir erkennen endlich den Karneval als Kulturgut in Brandenburg an. Als Argument dafür bringe ich noch ein berühmtes Zitat von 2011 an den Mann. Herrn Platzeck, vor zwölf Jahren Ministerpräsident, sollten Sie doch Glauben schenken. Der sagte offiziell:

„Karneval […] ist zu einem Teil unseres Kulturgutes geworden und nicht mehr wegzudenken.“

Drum machen Sie Ihre Leute vom Fraktionszwang frei und lassen Sie sie mit dem Herzen entscheiden. Meinetwegen gehen Sie auch einfach raus und fehlen. Neinsager müssen nicht bleiben, wenn wir heute, am Aschermittwoch, in namentlicher Abstimmung den Karneval ehren und ihm endlich die Anerkennung als Kulturgut in Brandenburg gewähren.

(Beifall BVB/FW)

Ich schließe meine Rede, der Tradition der Büttenrede folgend, ganz präzise und genau mit einem dreifachen Gruß: Landtag, Brandenburg und Karneval – Helau!

(Beifall BVB/FW sowie der Abgeordneten Keller [SPD], Dr. Redmann und Bretz [CDU])

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