Rede von Péter Vida in Textform:
Vida (BVB/FW): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir sollen also heute dem Dritten Medienänderungsstaatsvertrag unsere Zustimmung geben. Wir tun es nicht, aber einige Dinge dazu zu sagen ist, glaube ich, absolut angemessen.
Dass es grundlegende Reformen braucht, hat, glaube ich, mittlerweile jeder gesehen, und jeder hat auch den Schuss gehört – spätestens seit letztem Jahr. Allerdings sind hier kaum grundlegende Änderungen zu finden, obgleich ein paar überfällige interne Reformen enthalten sind – das ist sicherlich richtig -, insbesondere wenn es darum geht, dass die Sendeformate auch dem Nutzungsverhalten des Publikums angepasst werden.
Ja, wir sind auch der Überzeugung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mehr leisten muss, als nur die Lücke der Privaten zu schließen. Deswegen ist es ein richtiger Schritt – obwohl vielfach diskutiert, unterschiedlich bewertet, aber natürlich zeitgemäß -, dass bei den Online-Medien eine stärkere Zusammenarbeit zwischen ARD, ZDF und den Dritten erfolgt. Denn so, wie es die privaten Medien schon seit geraumer Zeit praktizieren, müssen auch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten verstärkt auf Onlineformate setzen; das ist nun einmal das Gebot der Stunde und entspricht auch dem Verhalten der Nutzer. Deswegen ist es durchaus zu begrüßen, dass die Rundfunkanstalten selbst entscheiden können, bestimmte Programme, Formate weiter linear zu betreiben oder gegen andere Angebote auszutauschen oder eben in Onlineformate zu überführen.
Jetzt werde ich für manche ein Geheimnis lüften, wenn ich sage, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung in den letzten Monaten stark gelitten hat.
(Frau Wernicke [BVB/FW]: Nein!)
Das wird die Fans des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überraschen – ist aber so, ist nämlich ein Befund. Da ist schon die Frage, ob die Änderungen in homöopathischen Dosen, die heute hier vorgeschlagen werden, wirklich reichen. Wir sind der Überzeugung, es braucht an die Wurzeln gehende Reformen, es braucht eine institutionalisierte Mitsprache der Beitragszahler,
(Beifall BVB/FW)
ein zeitgemäßes Programm und Kontrollrechte der Zuschauer. Deswegen treten wir auch dem plumpen – mitunter primitiven – Versuch entgegen, immer wieder zu betonen, dass eine Mitsprache der Zuschauer dazu führen würde, dass nur noch Leute mitreden, die keine Ahnung haben. Das ist nicht unser Verständnis der Zuschauer, das ist nicht unsere Sicht auf die Beitragszahler, und wir treten solchen Pauschalbeleidigungen entgegen.
(Beifall BVB/FW)
Das ist nicht unser Menschenbild bzw. Bild von den Zuschauern des Rundfunks. Man kann sich nicht hinstellen und sich zum Fan des Rundfunks erklären und dann die Zuschauer schlechtreden, wenn man ihnen mehr Mitsprache- und Kontrollrechte geben will.
(Beifall BVB/FW)
Wie viele Nackenschläge braucht die Koalition eigentlich noch, um zu erkennen, dass die bestehenden Strukturen eben nicht reformierbar, nicht zu stärken, sondern grundlegend zu ändern sind, und zwar hin zu einer partizipativen durch Kontrolle der Beitragszahler geprägten Struktur?
(Beifall BVB/FW)
Das gilt auch dann, wenn Staatssekretär Grimm nicht müde wird, jedes Mal auf den Landesrechnungshof zu verweisen, uns damit zu hypnotisieren, bis dann zu warten,
(Heiterkeit BVB/FW)
um keine weiteren Schritte vollziehen zu müssen. Nein, meine Damen und Herren, ich fand das wirklich bemerkenswert, denn: Das ist auch ein Talent. Das muss man ja anerkennen.
(Heiterkeit und Beifall BVB/FW)
Sie haben unseren Vorschlag, einen Publikumsrat einzusetzen, mit der Begründung – im Brustton der Überzeugung – abgelehnt: Die Programmacher, die Anstalten wissen es besser. Sie brauchen nicht so ein Kontrollgremium von außen. – Dieselben, die das gesagt haben – ich war geneigt, Ihnen zu glauben; das war ein schwacher Momentbeklatschen den Zukunftsrat, der uns – völlig vorbei an allen Programmmachern – als das goldene Kalb der Reform präsentiert wird.
(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Hohloch [AfD])
Wenn man sich aber die Besetzung dieses Zukunftsra ts anschaut, erinnert das eher an einen herrschaftlichen Golfklub, wo alle Tweed tragen, (Heiterkeit der Abgeordneten Wernicke
[BVB/FW])
ganz weit weg im Elfenbeinturm, ganz weit weg von den Beitragszahlern, die diejenigen sind, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Jahr für Jahr die Milliarden bescheren, mit denen er seine Arbeit zu leisten hat. Das geht einfach nicht zusammen. Deswegen bräuchte es sowohl in dieser Vorlage als auch generell komplette Transparenz, Compliance-Regeln, die weit mehr Befugnisse geben, einen Nachweis der Befähigung – wenn bestimmte Gremien schon noch bestehen, dann Befähigungsnachweise für diese Arbeit -, lückenloses Aufdecken möglicher wirtschaftlicher und privater Interessenkonflikte – nicht erst im Untersuchungsausschuss, sondern möglichst schon vorher.
(Beifall BVB/FW)
Es bleibt daher abzuwarten, ob sich unsere Vorstellungen im Vierten Medienänderungsstaatsvertrag wiederfinden werden. Wenn mit so geballter Entschlossenheit, wie das der Staatssekretär Grimm immer tut, dafür gekämpft wird, habe ich keine Zweifel, dass dort die Brandenburger Interessen durchgesetzt werden.
(Heiterkeit der Abgeordneten Wernicke [BVB/FW])
Allerdings sind derartige Regelungen aus unserer Sicht bereits jetzt überfällig. Da sie im vorliegenden Änderungsstaatsvertrag fehlen, werden wir uns enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall BVB/FW)