Rede von Philip Zeschmann in Textform:
Dr. Philip Zeschmann (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Kern des vorliegenden Gesetzentwurfs ist die Grundidee, Photovoltaik auf Dachflächen zu platzieren. Damit trägt der Antrag den Geist unseres Antrags „1.000-Dächer-Programm 2.0“ vom September 2020 in sich,
(Lachen des Abgeordneten Rostock [B90/GRÜNE])
den wir auch heute noch einmal gestellt haben, weil er immer noch richtig und notwendig ist. Deswegen unterstützen wir das Anliegen natürlich grundlegend. Jedoch ist es sehr irritierend, wenn Sie, werte Koalitionsfraktionäre, hier einen solchen Entwurf mit einer PV-Pflicht vorlegen und zugleich den eben genannten Antrag erneut ablehnen. Das passt überhaupt nicht zusammen.
(Beifall BVB/FW)
Wollen Sie nun den von allen Gutachtern in der Anhörung im AIL in der vergangenen Woche als beste Lösung empfohlenen Ausbau der Photovoltaik auf vorhandenen Dächern voranbringen oder nicht? Wollen Sie nun unsere Energieversorgung zunehmend auf erneuerbare Energien umstellen, oder erzählen Sie uns das immer nur in Sonntagsreden?
Was den Weg zu mehr Photovoltaik angeht, haben wir offenbar grundverschiedene Ansätze. Um es mit den Worten Bismarcks zu sagen: Wir sind das Zuckerbrot, und Sie sind die Peitsche.
(Beifall und Heiterkeit BVB/FW)
Das wundert natürlich gar nicht. Ich würde mir wünschen, dass Ihre Lösungsansätze einmal nicht nur Baugebote und -verbote, also Zwänge für die Menschen mit sich brächten, sondern dass man auch einmal versucht, die Menschen mitzunehmen und zu überzeugen. Aber das scheint ja insbesondere die SPD nicht mehr nötig zu haben.
Angesichts dieses Antrags der Koalition fällt es mir ein wenig schwer, die zur Schau gestellte Empörung der CDU über das geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen wirklich ernst zu nehmen. Denn genau solche Vorschriften, wie sie der grüne Wirtschafts- und Energieminister auf Bundesebene festlegt, formulieren Sie hier mit der Bauordnung auch.
(Frau Walter-Mundt und Bretz [CDU]: Nein! – Vida [BVB/FW]: Doch!)
– Doch! Sie formulieren hier Zwänge.
Sie versuchen, in Zeiten bereits stark gestiegener und historisch hoher Bauzinsen, nicht unerhebliche Zusatzkosten per Zwang einzuführen.
(Bretz [CDU]: Nein, falsch!)
Aber bei der Frage der Wirtschaftlichkeit lassen Sie Investoren allein.
(Bretz [CDU]: Auch falsch!)
Zwar geben Sie vor, dass den Bauherren die PV-Pflicht erlassen werden kann, wenn eine Anlage Gefahr läuft, nicht wirtschaftlich zu sein, aber es wird nicht klar geregelt, wie das bewertet werden soll. Damit wird in diesem Gesetz eine grundlegende Frage bewusst offen- und die Bewertung der Disposition der Investoren überlassen. Das heißt, Streit zwischen Investoren und Bauämtern ist vorprogrammiert.
Die gesetzliche Verpflichtung wird derzeit übrigens auch von der Realität überholt. Sie sprechen hier von gewerblich und öffentlich genutzten Gebäuden. Diese werden in der Regel tagsüber genutzt, sprich: Es braucht keine Speicher, denn wenn die Sonne scheint und die PV-Anlagen Strom erzeugen, wird dieser sofort genutzt. Alle vernünftigen Menschen bauen so etwas bei den aktuell hohen Strompreisen ohnehin schon ein. Es gibt eigentlich keine Verweigerer.
Problematisch wird es nur noch in Konfliktfällen, in denen der Investor sagt, das sei unwirtschaftlich: zum Beispiel bei einem stark verschatteten Norddach. Da sehen wir ein Problem. Deswegen sollten wir die Baubehörden entlasten und konkrete Regelungen dahin gehend einführen, dass Komponenten, die nicht gerade im Überfluss vorhanden sind – also Photovoltaikzellen und andere Dinge – nicht auf Norddächern und stark verschatteten Dächern – quasi per Zwang, wie Sie es hier vorschreiben – verbaut werden müssen.
(Beifall BVB/FW – Rostock [B90/GRÜNE]: Steht da alles schon drin, Herr Zeschmann!)
Unser Ansatz ist ein anderer: Wir wollen die Bauwilligen nicht zwingen, sondern überzeugen, und ihnen das Bauen erleichtern.
(Beifall BVB/FW)
Wir wollen Motivation und Anreize statt Zwang.
Unser Änderungsantrag zum Beispiel betrifft die Errichtung kleinerer, nachgeführter Photovoltaikanlagen. Dabei handelt es sich um eine auf Masten aufgeständerte Photovoltaikanlage, sogenannte Photovoltaikpaneele, die durch ein Drehgelenk sehr leicht der Sonne nachgeführt werden kann. Diese Anlagen erwirtschaften durchschnittlich 50 % mehr Stromertrag als die normalen Anlagen. Aber was haben wir hier? Ein bürokratisches Baugenehmigungsverfahren ist erforderlich. Das erhöht die Nebenkosten um 2 000 bis 2 500 Euro. Somit wird der Effizienzvorteil aufgefressen, vernichtet. Hinzu kommen eine vermeidbare Belastung der Baubehörden und ein Zeitverzug, bis die entsprechenden Genehmigungen vorliegen. All das muss abgeschafft werden; das brauchen wir nicht. Und warum? Das sage ich Ihnen jetzt: Es gibt die Genehmigungsfreiheit von Windkraftanlagen bis zu einer Höhe von 10 Metern. Die PV-Anlagen, von denen wir hier sprechen, sind kleiner, leiser und werfen keine so großen Schatten, brauchen aber eine Baugenehmigung. Auch das passt nicht zusammen. Wollen Sie nun PV ausbauen, wollen Sie erneuerbare Energien oder nicht? Wenn Sie es wollen, müssen Sie die Dinge auch gleich bewerten.
Da wir den Entwurf im Grundgedanken mittragen, werden wir der Überweisung im Ergebnis natürlich zustimmen. Wir würden uns aber auch sehr freuen, wenn wir zum Beispiel diese Anregungen noch bei der Reform der Bauordnung aufnehmen könnten. Wer es mit der Energiewende ernst meint, darf nicht nur abstrakte Pflichten einführen, sondern muss auch solche Anlagen für eine effiziente erneuerbare Stromproduktion genehmigungsfrei stellen. (Beifall BVB/FW) Letzter Satz: Neben all den Verboten und Geboten wäre eine Erleichterung endlich ein Angebot für die Bürger – nämlich das längst überfällige Zuckerbrot.
(Beifall BVB/FW)