Philip Zeschmann zum Antrag von BVB/FW „Gesellschaft zur Sicherung der Trinkwasserversorgung“ – 24.03.23

24. Mrz 2023

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Dr. Philip Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! „Wassermangel in Brandenburg – Wasser wie für 10 Tesla-Fabriken – Versorger fordern Land zum Handeln auf“, titelte die „Märkische Oderzeitung“ am vergangenen Freitag. Nüchtern betrachtet ist das mal wieder ein Aufruf von berufener Seite – in diesem Fall der Wasserverbände – an das Land, in Sachen Wasser endlich aktiv zu werden – der scheinbar ins Leere geht, da die Landesregierung ja bereits im letzten Jahr hier im Landtag eine Gesamtwasserstrategie hat verabschieden lassen.

Das ist aber nur der trügerische Schein, denn in Wirklichkeit gibt es nur eine Hochwasserstrategie, eine Niedrigwasserstrategie und eine Moorschutzstrategie, die gerne unter der Überschrift „Gesamtwasserstrategie“ verkauft werden.

Vor allem zur Siedlungswasserwirtschaft mussten wir als Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler im letzten Jahr mit zwischenzeitlich zehn Anträgen mit vielfältigen Lösungsvorschlägen den Koalitionsfraktionen einen „Sammelsuriumsantrag“ abringen, in den einige unserer Vorschläge übernommen wurden – immerhin etwas.

(Beifall BVB/FW)

Wie aber steht es wirklich mit der mittel- und langfristigen Sicherung unser aller Trinkwasserversorgung in der gesamten Metropolregion Berlin-Brandenburg? Eine Anmerkung am Rande: Am Mittwoch war der Weltwassertag mit einer UN-Konferenz. Wer also kümmert sich um die langfristige Sicherung der Trinkwasserversorgung in der Metropolregion? Sagen Sie mir jetzt bitte nicht, das tue Herr Woidke – er hat mit dem jedem Realitätsbezug enthobenen untertänigen Brief an Herrn Musk ausreichend unter Beweis gestellt, dass er von dem Thema absolut keine Ahnung hat.

(Beifall BVB/FW)

Wer Tesla ernsthaft zusagt, die Wasserprobleme der Fabrik in Freienbrink und in den weiteren Ausbaustufen – darum geht es vor allem – bis zum Sommer, also theoretisch bis 21. Juni, lösen zu wollen, kann nicht von dieser Welt sein. Jeder, der sich mit den Themen Wasser und Abwasser im Kontext von Tesla ein wenig beschäftigt hat, die Hintergründe, Zusammenhänge und die Aussagen der Fachleute kennt, weiß, dass die Erschließung zusätzlicher Grundwasserdargebote – sofern überhaupt vorhanden und ergiebig genug; ich sage nur: Hangelsberg Nord – mit Planung, Genehmigung und Bau normalerweise rund zehn Jahre dauert; das sagen alle Fachleute. Ebenso verhält es sich mit dem Bau eines neuen Industrieklärwerks – da, wo ich Wasser brauche, muss ich auch Abwasser entsorgen – südlich von Freienbrink oder alternativ eines zusätzlichen Industrieklärwerks in Waßmannsdorf und der zusätzlichen Abwasserdruckleitung dorthin – auch das ist unter zehn Jahren nicht realistisch.

Ganz ehrlich – mit Blick auf die Staatskanzlei, Herr Dr. Grimm -: Es scheint auch um den diesbezüglichen Sachverstand in der Staatskanzlei und der gesamten Landesregierung nicht so gut bestellt zu sein, denn sonst hätten die Berater des Ministerpräsidenten einen solch peinlichen Brief sicher verhindert.

(Beifall BVB/FW)

Wer trifft also wirklich Vorsorge, wenn in den nächsten Jahren die erheblichen Sümpfungswässer aus den Braunkohletagebauen weiter zurückgehen? Ich erinnere nur daran, dass der Braunkohletagebau in Jänschwalde schon 2028 eingestellt werden soll. Nach der Präsentation an diesem Montag bei der zweiten Lausitzer Wasserkonferenz gehen die Sümpfungswässer dann schon um 15 bis 20 % zurück; bis 2038 kommen sie vollkommen zum Erliegen, dann sind es null Kubikmeter pro Sekunde, die eingespeist werden. Wenn man weiß, dass von den Sümpfungswässern rund 5,7 Kubikmeter pro Sekunde in trockenen und regenarmen Sommern bzw. permanent eingespeist werden und in trockenen und regenarmen Sommern 91 % der Wassermenge in der Spree – ein Beispiel vom Sommer 2020 – aus Sümpfungswässern stammt, kann man sich vorstellen, was übrig bleibt, wenn diese wegfallen.

Ebenfalls wurde bekannt gegeben, dass der Spreewald als besonders wertvolles und geschütztes Biosphärenreservat bei extremer Wasserknappheit im Sommer zuerst mit Wasser versorgt werden soll – das ist auch richtig so. Je weniger davon aufgrund der Förderung der Sümpfungswässer in die Spree befördert wird, desto größer ist also die Gefahr, dass hinter dem Spreewald von den rund acht Kubikmetern pro Sekunde nichts mehr übrig ist. Das heißt: Ab dort könnte die Spree trockenfallen.

Nun werden einige schulterzuckend meinen: Na ja, dann fällt die Spree in Berlin eben trocken; das sieht ums Kanzleramt herum nicht schön aus, das ist kein schöner Anblick, aber sei’s drum. – Dabei wird übersehen, dass Berlin im Gegensatz zu Brandenburg 70 % seines Trinkwassers durch Uferfiltrat fördert. Also sieht es nicht nur um das Kanzleramt herum bescheiden aus, sondern auch an den Wasserhähnen in Berlin und im Umland. Es muss nicht gleich dazu kommen, dass überhaupt kein Tropfen mehr aus dem Wasserhahn kommt, aber bei gut 30 % restverfügbaren Trinkwassers dürfte es wohl zu massiven Rationierungen kommen, und das wird in Sommern, in denen die Temperaturen jetzt oftmals bis zu 40 Grad im Schatten gehen, sicher nicht angenehm.

Deshalb diskutieren die Fachleute – landauf, landab – seit Jahren darüber, dass man prüfen, untersuchen und auch mit Planungen vorangehen müsste, welche gebaut werden müssen: eher zum Harz oder zum Erzgebirge? Oder doch zur Ostsee inklusive Meerwasserentsalzungsanlagen? Vorher müsste man – zumindest laut den Auskünften der Fachleute auf der eben genannten Konferenz am Montag – insbesondere die Überleitungen aus der Elbe prüfen, planen und bauen; das dauert natürlich auch seine Zeit.

(Beifall BVB/FW)

Nur die Politik, besser gesagt, die Landesregierungen in der Metropolregion tun dies immer noch nicht ernsthaft; sie kümmern sich immer noch nicht ernsthaft darum, sie stellen immer noch nicht die Weichen, damit wir wenigstens bis in die 30er-Jahre hinein die Versorgung sicherstellen können. Da es vieler Expertise und viel mehr Zeit für Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie für den Bau über lange Strecken für solche Projekte bedarf, muss sich hier dringend etwas ändern,

(Vereinzelt Beifall BVB/FW)

denn die Jahre 2030 und 2038 kommen näher; das zeigen auch die Ergebnisse der Studie des Bundesumweltamtes, die ebenfalls auf der Konferenz am Montag vorgestellt wurden.

Das sagen natürlich nicht nur wir, sondern das sagt – wie Sie bestimmt gelesen haben – auch der Vorsitzende des vom Landeskabinett eingesetzten Nachhaltigkeitsbeirats, Prof. Ortwin Renn vom Potsdamer Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit, der in den Empfehlungen des Beirats hinsichtlich des nachhaltigen Umgangs mit den Wasserressourcen vor Kurzem riet, die Empfehlungen so weit wie möglich und zeitnah umzusetzen.

Mit dem vorliegenden Antrag geben wir Ihnen erneut die Chance, ein ganz wichtiges Thema, nämlich die langfristige Versorgung für uns alle in der Metropolregion mit Trinkwasser noch rechtzeitig auf den Weg zu bringen.

(Beifall BVB/FW)

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