Stellen Sie sich vor, Sie wohnen auf dem Land und man kommt nicht vom Fleck. Zugegeben, das ist nicht sonderlich schwierig vorzustellen, die Vorstellung wird jedoch ein wenig grotesk, wenn man sich dazu vorstellt, dass man eigentlich auch die Bahn vor der Tür fahren könnte!
Seit Dezember letzten Jahres wurde der Probebetrieb der RB 63, der Schorfheidebahn, eingestellt und soll im Sommer 2023 durch einen Busverkehr ersetzt werden. Neben der unwiderstehlichen Aussicht im Hochsommer in einem voll bepackten Bus durch die Uckermark zu fahren, ist es aber der schlecht funktionierende Schienenersatzverkehr (SEV), der aktuell wie ein schlechter April-Scherz wirkt.
So ist der SEV seit dem Ende der Schorfheidebahn zwischen Templin und Bahnhof Joachimsthal im Einsatz. Aber ganz Templin? Nein! Denn eine kleine Station (die frühere Endstation Templin Stadt) wird überhaupt nicht mehr angefahren. Auch die anderen Stationen halten nicht in nachvollziehbarer Nähe beim Bahnhof, den der SEV ersetzen soll. So wird der Schienenersatzverkehr auch schnell zum „Abenteuer Ersatzverkehr“!
So kann man Mobilitätswende natürlich auch versuchen: Ohne Sinn und Verstand.
Busse als Alternative zum einzelnen PKW könnte man prinzipiell gutheißen, wenn sie denn auch genauso effizient genutzt werden wie die Bahn. Umso ärgerlicher dann, dass mit nicht mal 100 Fahrgästen am Tag man deutlich weniger Nutzer hat, als noch zur Nutzung der Bahnstrecke RB63 (Zu Höchstzeiten mit 9-Euro-Ticket über 300 Gäste am Tag). Dass die Busse weniger genutzt werden, lässt sich dabei sehr einfach erklären:
• Die Busse des SEV fahren teilweise zu früh und nicht nach dem angegebenen Fahrplan.
• Die aktuelle Strecke, die die Schorfheidebahn ersetzen soll, ist an vielen Stellen Parallel mit bestehenden Buslinien
• Die Taktung mit anderen, bestehenden Buslinien (wie bspw. Buslinie 515) ist nicht gut abgestimmt, sodass man meist beim Umstieg dem Bus vergebens hinterherschaut.
• Die Mobilität für Rollstuhlfahrer und Personen, die einen Teil der Strecke ihr Fahrrad mitnehmen möchten, ist seit dem Einsatz des SEV erheblich erschwert.
Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben
Die RB 63 wurde nach einer bereits einjährigen Verlängerung eingestellt. Trotz aller Versuche von BVB/FREIE WÄHLER dies zu ändern wurde eine Verlängerung des Betriebes nie in Betracht gezogen und so eine Mobilitätswende ohne Sinn und Verstand durchgesetzt. Dabei wäre eine Weiterführung des Probebetriebs, mindestens bis Ende 2023, ohne Probleme realisierbar gewesen. So hätte man einfachere Übergangsfristen geschaffen und viele Anwohner der Region nicht einem chaotischen Bussystem als Ersatz ausgesetzt.
Dass die Region rund von Templin bis nach Eberswalde die Schorfheidebahn sehr wohl benötigt, soll jetzt nochmal gründlich geprüft werden. Dafür wurden Ende Februar vom Landkreis Barnim und der Stadt Templin Mittel bereitgestellt, um eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Das Ziel soll es sein, die RB 63 zu reaktivieren oder die RB 12 bis nach Templin zu erweitern. Die Bahnstrecke soll dafür wieder so renoviert werden, dass wieder Geschwindigkeiten mit 100 km/h realisierbar sind. Während des Probebetriebs konnte die RB63 kaum mehr als 30 km/h fahren. Ein schlechter Scherz.