Rede von Philip Zeschmann in Textform:
Dr. Philip Zeschmann (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Zunächst einmal muss ich sagen: Glückwunsch an die Koalitionsfraktionen: Sie haben es nach über dreieinhalb Jahren geschafft – endlich! -, einen Antrag zum Bereich Energiepolitik – in diesem Fall: zur Wärmeerzeugung – zu formulieren, der eine grundlastfähige Wärmequelle erschließt und den wir als BVB / FREIE WÄHLER noch nicht gestellt haben. Dazu meinen herzlichen Glückwunsch!
(Beifall BVB/FW)
Allerdings, das hat Herr Walter schon angesprochen, steht im vorliegenden Antrag – wie immer in Ihren Anträgen -: „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Personalstellen und Haushaltsmittel“. Das sind die üblichen Rohrkrepierer-Anträge, die man aus populistischen Gründen in den Landtag einbringt, die aber in der Regel nicht umgesetzt werden können. Das finde ich sehr bedauerlich; denn es geht hier wirklich um ein wichtiges Thema, die Geothermie, die uns, was die Energieversorgung angeht, deutlich unterstützen kann.
Dieser Antrag enthält allerdings noch einen Makel. Sie haben im Einleitungstext formuliert:
„Brandenburg setzt auf den raschen Ausbau von erneuerbaren Energien und den Aufbau der Wasserstoffindustrie. Gleichzeitig muss die Wärmewende vorangetrieben werden.“
Wir haben in den Debatten, die sowohl gestern als auch in den vergangenen Monaten geführt wurden, erlebt, dass die Zusammenhänge, die Sie hier darstellen, nicht nur unsinnig, sondern auch gefährlich sind. Deswegen können wir diese Aussagen natürlich nicht unterstützen.
Wichtig ist, dass die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen in unserem Land jederzeit sichergestellt ist.
(Beifall BVB/FW)
Wenn Sie solche, ich sage es einmal so, nicht hilfreichen Sätze hineinbringen, dann lässt uns das schon wieder daran zweifeln, ob Ihre Erkenntnis so weit gediehen ist.
Zum Thema Diversifizierung der Energieversorgung haben wir als BVB / FREIE WÄHLER in den vergangenen drei Jahren eine Vielzahl von Anträgen eingebracht. Es fing an mit dem Kreditprogramm für Photovoltaik auf kommunalen Dächern von September 2020; wir haben diesen Antrag im vergangenen Monat noch einmal eingebracht. Sie haben in der gestrigen Debatte zwar gesagt, dass die Photovoltaik auf Dächern wichtig sei; Sie haben dem Antrag trotzdem nicht zugestimmt. Jetzt wollen Sie Landschaftsschutzgebiete dafür opfern. Das ist nach wie vor unsinnig und kontraproduktiv.
(Beifall BVB/FW)
Aber wir haben extra für Sie den Antrag im März wieder eingebracht, damit Sie die Möglichkeit haben, Ihren Fehler zu korrigieren.
Im November 2020 brachten wir den Antrag „Kriterienkatalog Ausweisung von Photovoltaik-Flächen“ ein. Wir wollen Anlagen der Freiflächen-Photovoltaik übrigens nicht in Landschaftsschutzgebieten aufstellen, und es geht uns um den Schutz von landwirtschaftlichen Flächen.
Weiter ging es mit einem Antrag zum Erhalt „ausgeförderter“ Photovoltaikanlagen sowie zum Erhalt von Güllekleinanlagen zur Energiegewinnung, ebenfalls vom November 2020.
Es folgte der Antrag dazu, Biogas aus Klärschlamm zu fördern und Wärme aus Abwasser für die Nah- und Fernwärmeversorgung zu nutzen, vom Februar 2021. Schon damals waren wir also bei dem Thema „Abwärme nutzen“; erst jetzt kommen Sie mit Ihrem Antrag daher, dessen Beratung aber leider verschoben worden ist.
Im März 2021 brachten wir den Antrag „Potenzial für schwimmende Strömungskraftwerke in Brandenburg ermitteln“ ein. Konkret ging es uns darum, dieses Potenzial in Flüssen zu prüfen.
Im August 2021 folgte unser Antrag zu technologieoffene Ausschreibungen für erneuerbare Energien, im Januar 2022 unser Antrag „Photovoltaik auf ehemaligen Tagebauflächen fördern“. Den Antrag „Sicherheitsbereitschaft für Brandenburger Braunkohlekraftwerke verlängern“ haben wir im März 2022 eingebracht.
Im März 2023 haben wir schließlich unseren ursprünglich aus dem September 2020 stammenden Antrag „1 000-Dächer-Programm 2.0 für Photovoltaik auf kommunalen Gebäuden“ erneut eingebracht. Ihr Antrag ist im Einzelnen leider nicht ganz so perfekt, weil die darin enthaltene Aufforderung an die Landesregierung viel zu seicht und zu vage formuliert ist, denn „die Nutzung der tiefen Geothermie im Land Brandenburg aktiv voranzutreiben, kommerzielle Projekte zu fördern und die Erkenntnisse des in Erarbeitung befindlichen Brandenburgischen Wärmekatasters zu nutzen“, ist wenig. – Wie soll konkret gefördert werden? Laut Ihrem Antrag nur verbal – das reicht aber nicht, da die Risiken der Tiefengeothermie vielfältig sind und sowohl in Bezug auf die Allgemeinheit als auch finanziell – insbesondere was kleine Stadtwerke betrifft, das kam eben schon kurz zur Sprache – abgesichert werden müssen.
Es gibt nämlich zwei große Risiken: zum einen das sogenannte Fündigkeitsrisiko, also das Risiko – ich verkürze das jetzt ein bisschen -, dass auch bei Vorerkundungen keineswegs sicher ist, dass man in der entsprechenden Tiefe wirklich auf Schichten stößt, die nutzbares warmes Wasser beinhalten. Das ist ein Grund dafür, dass viele unserer Stadtwerke die Tiefengeothermie bisher leider noch nicht nutzen. Deswegen brauchen wir ein klares Bekenntnis und eine ordentliche finanzielle Ausstattung zur Absicherung dieses Risikos,
(Beifall BVB/FW)
sonst werden die kleinen Stadtwerke solche Projekte nicht riskieren.
Das zweite Risiko – das wird Sie jetzt vielleicht verwundern – ist das Risiko von Erdbeben: Es gibt vielfältige Meldungen – aus Landau, aus St. Gallen in der Schweiz, aus Südkorea, aus dem Elsass -, dass es dort nach Bohrungen für Tiefengeothermie zu Erdbeben gekommen ist.
(Münschke [AfD]: Schwurbler!)
Ich zitiere hierzu kurz eine Aussage des Geologischen Dienstes Nordrhein-Westfalen:
„Induzierte seismische Ereignisse können daher auch in Regionen stattfinden, die keine natürliche Erdbebentätigkeit aufweisen.“
Das heißt, auch diese Folgewirkungen müssen ausgeschlossen werden. Ich komme zum Schluss:
Das Land muss die Voruntersuchungen bezüglich der Risiken von induzierten Erdbeben übernehmen. Wir brauchen keine Förderung der Geothermie in solchen Risikogebieten, aber wir brauchen mindestens Bürgschaften für diese, denn sonst trauen sich die Stadtwerke da nicht ran. Die Millionenbeträge wurden eben schon ausgeführt. – Danke schön.
(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Drenske [AfD])