Rede von Christine Wernicke in Textform:
Frau Wernicke (BVB/FW): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer die Presse der letzten Wochen und Monate verfolgt hat, konnte die Sorgen und das Unverständnis der Brandenburgerinnen und Brandenburger in Bezug auf die Auswirkungen der Grundsteuerreform förmlich greifen.
(Beifall BVB/FW)
Von fehlender Verfassungskonformität und schleppender Übermittlung der Grundstücksdaten war die Rede; Schlagzeilen und Kommentare wiesen auf mögliche Unzulänglichkeiten der Reform hin. Doch eines hatten all die Beiträge und Informationen gemeinsam: Die Bürgerinnen und Bürger befürchten eine erhebliche Erhöhung der Grundsteuer. Momentan ist das – neben der Wärmepumpendiskussion – das vorherrschende Thema in vielen persönlichen Gesprächen vor Ort. Die Bürger sind empört und verunsichert. Eine Bürgerin berichtete mir davon, dass sie mit einer Versiebenfachung der Grundsteuer rechne.
Die Grundsteuerreform wurde vom Bundesverfassungsgericht eingefordert, um die ausgeprägte Ungleichbehandlung des bis heute bestehenden Systems der Grundsteuererhebung zu ändern und eine bundeseinheitliche Steuergerechtigkeit bei der Erhebung der Grundsteuern zu gewährleisten. Das Bundesfinanzministerium führt dazu in seiner Erklärung zur Grundsteuerreform aus:
„Der Hebesatz soll durch die Städte und Gemeinden so angepasst werden, dass die Grundsteuerreform für die jeweilige Stadt oder Gemeinde möglichst aufkommensneutral ist. Für die einzelnen Steuerpflichtigen kann sich die Höhe der Grundsteuer jedoch ändern.“
Auch die brandenburgische Finanzministerin erklärte: „Auch wenn sich für den einzelnen Grundstückseigentümer die Grundsteuer damit ändern kann, soll die novellierte Steuer in der Summe nicht zu höheren kommunalen Einnahmen führen. Ziele der Reform sind, dass das Aufkommen jeder Kommune nach der Grundsteuerreform genauso so hoch ist wie zuvor und die Steuer künftig auf Basis eines grundgesetzkonformen Modells erhoben wird.“
(Beifall BVB/FW)
Ein „soll“ ist kein „muss“, und die Sachzwänge, denen Kommunen mit einer zu geringen Finanzausstattung ausgesetzt sind, sind groß. Das Hauptaugenmerk bei der Umsetzung der Reform muss deshalb auf der sowohl vom Bund als auch vom Land Brandenburg versprochenen Aufkommensneutralität liegen.
(Beifall BVB/FW)
Wir von BVB / FREIE WÄHLER hoffen und gehen davon aus, dass die Gemeindevertreter und Stadtverordneten ihre Aufmerksamkeit genau darauf richten werden.
(Beifall BVB/FW)
Es sind die Kommunen – genauer gesagt: die Gemeindevertreter und Stadtverordneten vor Ort -, die die Höhe der Hebesätze mit einem Beschluss im Rahmen der Haushaltssatzung festlegen und so über die Höhe der Steuerschuld jedes einzelnen Grundstücksbesitzers entscheiden. Nach § 3 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg sollen die Gemeinden „Steuern nur erheben, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen, insbesondere durch Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt“. Aus Sicht der Fraktion BVB / FREIE WÄHLER sollten die Städte und Gemeinden daher vom Land Brandenburg bei der Umsetzung der Aufkommensneutralität unterstützt werden.
(Beifall BVB/FW)
Die aktuell von den Finanzämtern schon versendeten Grundsteuermessbescheide für das Umstellungsjahr 2025 weisen zum Teil deutlich höhere Messbeträge aus; teilweise vervielfacht sich der Steuermessbetrag im Vergleich zum bisherigen Wert. Multipliziert mit dem derzeitigen Hebesatz würden sich erhebliche Steigerungen ergeben. Hier muss die Anpassung erfolgen.
Damit bin ich beim Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE: Ihr Antrag umfasst, was auch unser Antrag beinhaltet, nämlich die Unterstützung der Kommunen bei der Ermittlung der aufkommensneutralen Hebesätze. Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, die Städte und Gemeinden mit geeigneten Maßnahmen bei diesem Umstellungsprozess zu unterstützen.
(Beifall BVB/FW)
Dafür wäre es zum Beispiel hilfreich, wenn das Land ein Messbetragsregister zur Verfügung stellen würde. In einem solchen Messbetragsregister – andere Bundesländer bezeichnen es als Transparenzregister, obwohl ich den Begriff irreführend finde – kann das Land den Kommunen nach einer gemeindespezifischen Berechnung den entsprechenden Hebesatz zur Verfügung stellen, der das Gesamtaufkommen der jeweiligen Kommune weder senkt noch erhöht.
(Beifall BVB/FW)
Auf diese Weise werden die Kommunen effizient dabei unterstützt, ihre Hebesätze anzupassen, und die Bürgerinnen und Bürger bekommen die Möglichkeit, nachzuverfolgen, wie sich die kommunalen Hebesätze konkret auswirken.
Weiterhin müsste eine Anpassung des Runderlasses des Ministeriums des Innern in kommunalen Angelegenheiten Nr. 1/2013 mit dem Titel „Maßnahmen und Verfahren der Haushaltssicherung und der vorläufigen Haushaltsführung“ erfolgen. In Punkt 2.4 ist geregelt, dass Kommunen ein längerer Zeitraum genehmigt werden kann, wenn der gesetzliche Haushaltsausgleich objektiv nicht innerhalb des mittelfristigen Planungszeitraums zu erreichen ist. Voraussetzung ist, dass mit dem vorgelegten Haushaltssicherungskonzept ein überragender Konsolidierungswille nachgewiesen wird.
Von einem überragenden Konsolidierungswillen kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten Konsolidierungsmaßnahmen festgesetzt werden, die sich unter anderem an der Anhebung der Hebesätze der Realsteuern – also der Grundsteuer und der Gewerbesteuer – orientieren. Diese Regelung steht jedoch der gewünschten Aufkommensneutralität entgegen.
Wir hoffen auf eine fraktionsübergreifende Unterstützung unseres Antrages, der im Interesse aller zu einer aufkommensneutralen Grundsteuerreform in den Gemeinden beiträgt. – Vielen Dank.
(Beifall BVB/FW)