Rede von Matthias Stefke in Textform:
Matthias Stefke (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer an den Bildschirmen und auf der Tribüne! Es ist noch
nicht so lange her – konkret war es im März dieses Jahres -, dass der Innenminister, Herr Stübgen, gemeinsam mit dem Polizeipräsidenten die jüngste Polizeiliche Kriminalstatistik vorgestellt hat – und die hatte es in sich.
Die Zahlen sind gleich zu Beginn der Einleitung unseres Antrages genannt, deshalb will ich sie hier nicht alle wiederholen. Ich bin hier im Haus, so denke ich, nicht dafür bekannt, maßlos zu übertreiben oder in unangemessener Weise zu dramatisieren. Die Zunahme von Kriminalität in einzelnen Deliktbereichen sollte uns aber nicht gleichgültig sein, und die Frage, die sich stellt, ist: Wie reagieren wir darauf?
Die Zunahme in dem Deliktbereich des Wohnungseinbruchdiebstahls um 34,1 % wird damit erklärt, dass die Steigerung nach der Coronapandemie erfolgt ist, weil die Bewohner nun nicht mehr so viel im Homeoffice arbeiten. Ist es angemessen bzw. ausreichend, jetzt zunächst die nächste Statistik abzuwarten, um sich dann nächstes Jahr mit Blick auf gegebenenfalls gleichbleibende Zahlen oder niedrige Zuwächse zurückzulehnen und zu argumentieren, alles habe sich wieder eingependelt? „Eingependelt auf welchem Niveau?“, müsste man dann fragen. Ist das Vor-CoronaNiveau eines, das uns unbesorgt sein lassen kann? Kann uns die Steigerung beim Delikt Körperverletzung um 6,7 % oder die bei Gewalt gegen Polizisten um 8,4 % oder die bei Gewalt an Schulen um 66,5 % egal sein? Wir meinen: Nein, kann es nicht.
Die Kommentierung der Statistik seitens des Herrn Innenministers, das „Zeitenwende“-Jahr habe die Zahlen beeinflusst, beispielsweise bei Straftaten gegen das Aufenthalts-, Asyl- und Freizügigkeitsgesetz, mag nicht völlig abwegig sein. Aber darauf zu setzen, dass sie mit Ende des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine quasi automatisch rückläufig sein werden, entspricht dem Prinzip Hoffnung, und völlig ungeklärt ist, ob und vor allem wann das denn so sein wird.
Nun zu unserer Forderung nach einem Konzept für ein Pilotprojekt „Mobile Polizeiwache für Brandenburg“. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben auf Antrag unserer Fraktion im Januar dieses Jahres im Innenausschuss über Kriterien für die Einrichtung von Polizeiinspektionen und Polizeirevieren im Land Brandenburg beraten. Das Innenministerium hatte seinerzeit auf eine vor Jahren beschlossene Organisationsstruktur verwiesen, mit der sich ein Standortkonzept verbindet. Dieses besagt, dass die Zuständigkeitsbezirke und die regionale Binnenorganisation der Landesbehörden so festzulegen sind, dass sie mit den Verwaltungsstrukturen auf kreislicher und gemeindlicher Ebene übereinstimmen – es sei denn, überwiegend fachliche Gründe stehen dem entgegen.
Daher sind die Zuständigkeitsbereiche der meisten Polizeiinspektionen mit denen der Landkreise deckungsgleich. In allen Städten und Gemeinden, die nicht Sitz einer Polizeiinspektion sind und in denen sich keine Polizeiwachen befinden, wurden Polizeireviere eingerichtet. Polizeiinspektionen, -wachen und -reviere befinden sich seither in eigenen oder vermutlich langfristig angemieteten Immobilien. Eine flexible und kurzfristige Reaktion auf die Kriminalitätsentwicklung im Land ist deshalb nicht möglich.
Damit darf man es aber nicht bewenden lassen oder sich gar zufriedengeben. Nein, es bedarf neuer Wege in Sachen Kriminalitätsprävention und -bekämpfung, wobei unser Vorschlag gar nicht so neu ist: In anderen Bundesländern werden bereits Konzepte für mobile Wachen praktiziert – in Brandenburg bisher nicht. Da stellt sich die Frage: Warum eigentlich nicht? Warum hat man es nicht zumindest einmal versucht?
(Beifall BVB/FW)
Wir haben nur in unserem Antrag nicht gleich gefordert: Hey, bereits am 1. Januar kommenden Jahres soll eine solche mobile Wache für alle Zeiten an den Start gehen. – Nein, uns ist bewusst, dass dies einen angemessenen zeitlichen Vorlauf und vor allem ein Konzept benötigt.
Nun ist ein solches Konzept kein Hexenwerk; man kann sich hierzu in anderen Bundesländern erkundigen, wie sie das gemacht haben, zum Beispiel bei unseren Nachbarn gleich nebenan, in Berlin. Deswegen sind wir der Auffassung, bis Jahresende sollte es möglich sein, ein solches Konzept zu erarbeiten, mit dem Ziel, im dritten Quartal kommenden Jahres eine Pilotphase zu starten. Diese ist dann unserem Vorschlag zufolge selbstverständlich nach einem Jahr zu evaluieren. Dann wird sich zeigen, ob es sich lohnt, daraus ein dauerhaftes, ergänzendes polizeiliches Instrument zu etablieren, vielleicht sogar im Bereich aller vier Polizeidirektionen.
Für uns ist klar, dass eine mobile Wache wie beispielsweise auch die Videoüberwachung oder das KESY kein Allheilmittel, sondern nur eine Ergänzung polizeilicher Arbeit sein kann. Es kommt, wie es oftmals so schön heißt, auf einen Versuch an. Dabei sollte nicht maßgeblich sein, von wem er vorgeschlagen wird. Von einer mehrheitlichen Ablehnung gehe ich, offen gestanden, nicht aus. Mit einer Überweisung an den AIK zur vertiefenden Erörterung dieses Vorschlags könnte ich, könnte unsere Fraktion umgehen, und wir haben das auch bereits beantragt.
(Beifall BVB/FW)
Ich bin sehr gespannt, wie Sie sich auch dazu positionieren, und freue mich nun auf die Debatte. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall BVB/FW)