Philip Zeschmman zur „Aktuellen Stunde“ von den B90/Die Grünen zum Thema Trockenheit und Wasserknappheit – 22.06.2023

22. Jun 2023

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Dr. Philip Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Erst einmal bedanke ich mich bei den Grünen für diese Aktuelle Stunde. Damit geben Sie uns noch einmal die Gelegenheit, auf – Herr Raschke hat das in vielen Punkten angesprochen – die inzwischen zwölf Anträge zum Thema Wasser und zur Lösung der Wasserproblematik hinzuweisen, die wir seit letztem März in dieses Plenum eingebracht haben.

Sie haben unter anderem das systematische Wassersparen angesprochen, das Sie betreiben müssen. Das waren unsere Anträge zur Förderung der Regenwassersammelanlagen.

Sie haben angesprochen, dass Wasser wiederverwendet und versickert werden muss, damit die Grundwasserspiegel nicht noch weiter absinken. Das war unser Antrag, zu fördern, das Klarwasser aus den Kläranlagen genutzt werden kann und dafür weitere Klärstufen realisiert werden können.

Dann haben Sie richtigerweise das Speichern von Wasser angesprochen. Das ist unser Antrag gewesen, Wasserrückhaltebecken und Anlagen zu ertüchtigen und den Kommunen dafür finanzielle Mittel in die Hände zu geben.

Dann haben Sie freundlicherweise – das wurde eben auch von Herrn Senftleben angesprochen – unseren Antrag zur Checkliste für Industrieansiedlungen aus dem Sommer 2020 angesprochen, mit der unter anderem geprüft werden sollte, ob es von der Wassersituation her überhaupt möglich ist, solche Betriebe in den jeweiligen Regionen anzusiedeln.

(Beifall BVB/FW)

Wir sollen in dieser Aktuellen Stunde auch über eine gerechte Verteilung von Wasser im Land nachdenken. Da muss ich mich natürlich zuerst einmal fragen, warum Ihr grüner und für Wasser zuständiger Umweltminister Vogel Elon Musk und Tesla, was das Wasser angeht, in den letzten dreieinhalb Jahren jeden Wunsch von den Augen abgelesen hat,

(Beifall BVB/FW und AfD)

es aber für uns Bürger in der Region, nämlich in der Region des Wasserverbandes WSE, in den Gemeinden kein Wasser mehr gibt. Das wurde schon angesprochen. Wir haben eine klare Entwicklungssperre: Wir können keine Schulen bauen, keine Kitas bauen. Wir können keine Wohngebiete entwickeln. Wir können keine Gewerbegebiete ausweiten. Und wir müssen den Menschen dann irgendwie sagen, warum wir ihre Kinder nicht beschulen können oder keinen Platz für sie haben. Das finde ich nach wie vor unfassbar.

(Beifall BVB/FW)

Die Wasserfrage beinhaltet eigentlich zwei Themen, die eine gewisse Verbindung zueinander haben. Der erste Teil ist die Rettung unserer absinkenden Grundwasserbestände und damit des Landeswasserhaushalts. Dazu habe ich eben schon einiges ausgeführt. Das ist die Vielzahl von Anträgen, die wir im letzten Jahr eingebracht haben. Wir haben vielfältige Lösungsvorschläge unterbreitet: Wasser sparen, geringe Beanspruchung der Grundwasserleiter oder die Unterstützung des Anstiegs der Grundwasserspiegel, um diese zu stabilisieren.

Darunter war übrigens auch – das wurde heute einige Male von den Kollegen von der AfD angesprochen – der Antrag vom November 2022, die Aufgabenstellung der Wasser- und Bodenverbände zu reformieren, nämlich dahin gehend, dass sie nicht mehr wesentlich die Aufgabe haben, das Wasser abzuleiten, sondern das Wasser in den Gräben des Grabensystems – also Gewässer 3. Ordnung – zu sichern. Dafür ist es erforderlich, dass die Wehre, die es dort gibt, entsprechend instand gehalten und ertüchtigt werden. Aber rechtlich muss zunächst einmal geklärt werden, dass sie nicht weiter die Aufgabe haben, das Wasser so schnell wie möglich abzuleiten.

(Beifall BVB/FW)

Sie, werte Kollegen von den Koalitionsfraktionen, haben allesamt alle diese Anträge abgelehnt. Nun kommen Sie als Grüne ernsthaft mit dem Thema Wasserknappheit in Brandenburg um die Ecke. Deswegen muss ich schon sagen – die Rede von Herrn Raschke hat das bestätigt -: Das finde ich total mutig.

(Beifall BVB/FW)

Der zweite Punkt – das ist jetzt der aktuelle Sachstand insbesondere durch die Studie des Umweltbundesamtes und die Sitzung des Sonderausschusses Lausitz vor ungefähr einer Woche – ist akut die Frage: Wie sichern wir über die Grundwasserspiegel hinaus denn unsere Trinkwasserversorgung, insbesondere in der ganzen Metropolregion Berlin-Brandenburg?

Das hängt zwar mit Grundwasser zusammen, weil wir in Brandenburg viel Trinkwasser aus Grundwasser fördern, aber zum Beispiel Berlin und auch die Stadt Frankfurt (Oder) – das sprach Herr Domres schon an – gewinnen einen Großteil ihres Wassers aus Uferfiltraten, nämlich der Spree. In Berlin sind es rund 70 %. Genau da liegen die wirklichen Problemstellungen und großen Herausforderungen für die Landespolitik, die die letzten Landesregierungen mindestens der letzten zwei Jahrzehnte und auch die aktuelle aus meiner Sicht vollkommen verschlafen haben.

(Beifall BVB/FW)

Herr Roick hat das, glaube ich, angesprochen: Die Sümpfungswässer aus der Braunkohleförderung sind ja doch ein ganz wesentlicher Bestandteil dessen, dass wir überhaupt noch Wasser in der Spree haben, dass der Spreewald nicht ausgetrocknet ist und Berlin noch Trinkwasser gewinnen kann. Durchschnittlich sind nämlich 75 % des Wassers aus Sümpfungswässer, in trockenen Sommern bis zu 91 %. Man kann sich vorstellen: Wenn nur noch 9 % des Wassers in der Spree sind, reicht es vielleicht gerade noch, um den Spreewald als Biosphärenreservat in Form eines Tümpels zu erhalten, aber dahinter kommt kein Tropfen mehr raus.

Der Ausstieg aus der Braunkohleförderung – beginnend 2028 mit Jänschwalde – ist daher ein kritischer Punkt, weil wir schrittweise aussteigen und schon Mitte der 30erJahre einen deutlichen Rückgang der Sümpfungswässer verzeichnen werden. Herr Raschke hat, glaube ich, angesprochen, dass das nicht sofort versiegen werde. Das ist rechtlich nicht richtig. Wir haben das geprüft. Auch die Fachleute, die sich mit der Wasserthematik schon lange auseinandersetzen, sagen, die Braunkohleförderung ist eine Sondersituation. Deswegen gibt es eine rechtliche Genehmigung, Sümpfungswässer zu fördern. Wenn die Braunkohleförderung endet, darf rechtlich betrachtet auch kein Sümpfungswasser mehr gefördert werden.

Deswegen frage ich Sie von den Grünen, wie die Trinkwasserversorgung in der Metropolregion ab 2028, spätestens ab Mitte der 30er-Jahre – es sind fünf bis zehn Jahre – gesichert werden soll. Welche konkreten Vorschläge machen Sie dazu, dass das planerisch so schnell wie möglich vorbereitet, finanziell untersetzt und baulich umgesetzt wird? Dazu habe ich leider nichts vernommen.

Spätestens ab Mitte der 30er-Jahre wird es eben, wie gesagt, im Spreewald trocken und dahinter sicherlich noch schlimmer. Das heißt, in Berlin wird die Trinkwasserversorgung zur Neige gehen. Was dann passiert, möchte ich sehen.

Was kann man jetzt tun, um das zu verhindern? Das sind die wesentlichen Punkte, die jetzt noch einmal bestätigt wurden. Wir hatten schon in unserem Antrag im März 2022 eine Gesamtwasserstrategie und im März dieses Jahres eine gemeinsame Wassergesellschaft mit Berlin und Sachsen gefordert. Es wurde, ich glaube, von Herrn Domres, angesprochen, dass sich die Fachleute inzwischen einig sind: Wir brauchen zwingend eine Wasserüberleitung aus Flusssystemen. Da Oder, Neiße und Spree das nicht leisten können, geht das nur aus der Elbe. Die Elbe hat im Winter und im Frühjahr, weil sie aus dem Riesengebirge, aus dem Erzgebirge kommt bzw. dort durchfließt, reichlich Wasser. Da ist es möglich, das abzuführen. Das sagen auch alle Fachleute.

Dieses Wasser muss auch gespeichert werden. Da sind wir bei den Forderungen der LMBV. Das ist ja eine Bundesgesellschaft zur Renaturierung der ehemaligen Braunkohletagebaue. Die sagt ganz klar: im Sommer Stützung des Abflusses der Spree aus den Speichern und im Winter Füllung der Speicher durch Überleitung aus der Elbe.

(Beifall BVB/FW)

Sie sagen auch: Der Zeitbedarf für Planung, Genehmigung und Realisierung des Projektes der Elbwasserüberleitung ist nach jetzigem Erfahrungsstand mit 18 bis 20 Jahren vorzusehen. Deswegen zitiere ich hier, was Sie fordern: gute Zusammenarbeit zwischen den Ländern Berlin, Brandenburg und Sachsen und dem Bund, Verfahrensbeschleunigung und eine Finanzierungsvereinbarung, und zwar jetzt.

(Beifall BVB/FW)

Dann haben Sie die Speicher angesprochen. Ja, die ehemaligen Tagebaue, insbesondere die Cottbusser Ostsee und andere, müssen ertüchtigt werden, damit ich Zwischenspeicher habe, um das Wasser, das ich aus der Elbe überleite, im Winter und im Frühjahr zu sammeln – da gehört auch die Talsperre in Spremberg dazu, Lohsa II, Bärwalde, Lohsa I, Quitzdorf und Bautzen. Zusammen mit 178 Millionen m3 Wasser würde das ungefähr ausreichen, um den Wasserbedarf in den Sommermonaten in der Metropolregion zu decken.

Genau das, werter Herr Kollege Roick, fordern wir in unserem Entschließungsantrag „Jetzt die Weichen gegen baldigen Wassermangel stellen“, in dem wir uns gerne die Forderungen, die jetzt noch einmal untermauert sind, vom Umweltbundesamt und von der LMBV zu eigen zu machen.

Wenn Sie aber darauf verweisen, dass das alles in Ihrem Sammelsuriumsantrag vom letzten Spätsommer oder Herbst stehe, mit dem Sie fünf oder sechs unserer Anträge übernommen haben, dann ist das leider nicht richtig. Da gehen Sie fehl. Jetzt wird gefordert, jetzt muss die Entscheidung getroffen werden. Jetzt muss die Zusammenarbeit organisiert werden. Jetzt muss die Finanzierung sichergestellt werden. Nur dann haben wir eine Chance, bis Mitte oder Ende der 30er-Jahre – bis 2038 muss es spätestens fertig sein – diese technische Lösung zu realisieren.

(Beifall BVB/FW)

Deswegen ist es schlicht verrückt und weltfremd, ernsthaft jetzt einen schnelleren Kohleausstieg zu fordern. Das ist energiepolitisch schon Harakiri. Aber was das für das Wasser bedeutet, müssen Sie bitte mal Ihren Kollegen im Bundestag und in der Bundesregierung in Berlin erzählen – dass sie damit nämlich das Trinkwasser dramatisch gefährden. Ich bin der Ansicht: Es wird spätestens ab Mitte der 30er-Jahre deswegen zu deutlichen Rationierungen des Trinkwassers in der Bundeshauptstadt kommen, auch wenn wir beim jetzigen Ausstiegszenario bleiben.

Ich glaube, damit habe ich alle wesentlichen Punkte angesprochen. Was vielleicht noch interessant wäre – es wurde auch angesprochen, Stichwort „Verteilung von Wasser“: Wem nehmen wir jetzt Wasser weg? Da darf ich mir bei meinen Nachfragen an Herrn Vogel immer anhören, er sei nicht zuständig, das sollten bitte die kommunalen Wasserverbände lösen. Nein, das Land muss hier selbstverständlich Kriterien definieren.

(Beifall BVB/FW)

Das hat, glaube ich, auch Herr Senftleben gesagt. Diese Kriterien kann man ganz leicht organisieren, nämlich ähnlich denen der Bundesnetzagentur beim Strom. Es muss definiert werden, welche Bereiche in der Industrie, in der Landwirtschaft im Fall eines Blackouts systemrelevant sind. Sie müssen einzeln bewertet werden. Dann muss ein Kriterienkatalog aufgelegt werden. Der muss bewertet und umgesetzt werden. Und das kann im Land Brandenburg natürlich nur das Landesumweltministerium unter Herrn Minister Vogel tun.

Ein letztes Wort noch zu unserem Antrag: „Wasser – Quell des Lebens: Bereitstellung von Trinkbrunnen oder Trinkwasserspendern im öffentlichen Raum“. Das ist eigentlich nur die Umsetzung von EU-Recht, der EU-Trinkwasserrichtlinie, die hier heute schon angesprochen wurde …

Fragen eines anderen Abgeordneten (Frage und Name darf aus protokollarischen Gründen nicht hier erscheinen.)

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Ich bin beim letzten Satz. – … die ab 01.01. dieses Jahres in nationales Recht zu übernehmen ist. Da gibt es einen schleppenden Vollzug im kommunalen Raum. Deswegen müssen die Kommunen finanziell ertüchtigt werden, das umzusetzen, weshalb ich Sie hier um Ihre Zustimmung bitte.

(Beifall BVB/FW)

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