Rede von Christine Wernicke in Textform:
Christine Wernicke (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg möchte ich zu diesem Antrag klarstellen: Nein, BVB / FREIE WÄHLER plädieren nicht für eine Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung.
(Beifall des Abgeordneten Stefke [BVB/FW])
Die Fraktion BVB / FREIE WÄHLER steht für ein Mehr an Entscheidungsbefugnissen für die Gemeinden. Und ja, BVB / FREIE WÄHLER sind bei der Festsetzung der Hebesätze für eine ausgewogene Abwägung zwischen den Interessen der Bürgerinnen und Bürger und dem gesamtgesellschaftlichen Interesse der Kommunen, die kommunale Daseinsvorsorge zu finanzieren.
(Beifall BVB/FW)
Es geht der Fraktion BVB / FREIE WÄHLER nicht darum, die Grundsteuern für die Kommunen dauerhaft auf dem Niveau von 2024 festzuschreiben. Es geht darum, dass alle Kommunen die gesetzliche Möglichkeit haben, ihre Grundsteuereinnahmen für das Umstellungsjahr dem Vorreformjahr anzupassen, um so aufkommensneutrale Hebesätze ausweisen zu können.
Die Festsetzung der gemeindlichen Hebesätze für das Umstellungsjahr 2025 werden bereits bis zum Jahresende 2024 getroffen. Zu diesem Zeitpunkt ist Rechtsicherheit notwendig. Damit kommen wir zur Notwendigkeit des vorliegenden Antrags: Im Jahr 2021 waren laut Antwort der Landesregierung, Drucksache 7/4308, auf eine Kleine Anfrage allein 70 Kommunen verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept gemäß § 63 Abs. 5 der brandenburgischen Kommunalverfassung aufzustellen. Allerdings machen es auch einige freiwillig, wie Brandenburg an der Havel, Bad Liebenwerda, Schönewalde und Sonnewalde im Landkreis Elbe/Elster oder die Landkreise Oberspreewald-Lausitz und Spree-Neiße. Diese Kommunen sind in der Haushaltssicherung und damit an den Runderlass Nr. 1/2013, „Maßnahmen und Verfahren der Haushaltssicherung und der vorläufigen Haushaltsführung“, gebunden.
Zur Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes muss gemäß Punkt 2.4 f eine Anhebung der Hebesätze der Realsteuern, also der Grundsteuer und der Gewerbesteuer, mindestens auf den gewogenen Durchschnittshebesatz des vorvergangenen Jahres der jeweiligen Gemeindegrößenklasse erfolgen. Diese aktuelle Regelung zur Fixierung von Durchschnittshebesätzen trifft alle Kommunen mit Haushaltssicherungskonzepten. Damit diese Kommunen überhaupt eine aufkommensneutrale Anpassung der Hebesätze planen und vorbereiten können, muss der Runderlass in diesem Punkt geändert werden.
Die im Landeshaushalt 2023 geplanten Mittel in Höhe von über 53 Millionen Euro für den Abbau kommunaler Kassenkredite verdeutlichen die aktuelle Größenordnung. Die Höhe der gemeindlichen allgemeinen Schlüsselzuweisung hängt nach § 9 des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes unter anderem nicht von dem realen Steuereinkommen, sondern von einem fiktiven Steueraufkommen nach Ansatz des nivellierten Durchschnittshebesatzes des Vorvorjahres ab.
Das heißt, Kommunen mit Hebesätzen unterhalb des Durchschnittsatzes werden Einnahmen unterstellt, wodurch sich der Ausgleich zur Bedarfsmesszahl verringert. Auch nach § 18 Finanzausgleichsgesetz ist dies bei der Berechnung der Kreisumlage einzupreisen. Die Richtlinie zum Ausgleich besonderer Bedarfe regelt die Nothilfe für unverschuldete Haushaltsnotlagen. Nach dieser Richtlinie müssen betroffene Kommunen ihre Grundsteuerhebesätze 30 % über dem Durchschnittshebesatz festlegen. Eine aufkommensneutrale Anpassung der Hebesätze ist damit für diese Kommunen schon 2025 nicht möglich. Deshalb sollte diese Richtlinie überarbeitet werden.
(Beifall BVB/FW)
Wir bitten Sie deshalb um Zustimmung zum vorliegenden Antrag.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es ist völlig klar, dass Kommunen unabhängig davon die Hebesätze zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhöhen müssen, wenn sie keine andere Möglichkeit haben, den Haushalt auszugleichen. Auch steigende Kosten für Energie, höhere Zinsen, Fachkräftemangel, mehr Ökoauflagen beim Bauen und die Inflation in Deutschland führen dazu, dass Kommunen Einnahmequellen neu erschließen müssen. – Vielen Dank.
(Beifall BVB/FW)