Christine Wernicke über den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Coronapolitik – 19.10.2023

19. Okt 2023

Rede von Christine Wernicke in Textform

Christine Wernicke (BVB/FW):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist vollbracht: Der Abschlussbericht inklusive der Sondervoten der Fraktionen AfD, DIE LINKE und BVB / FREIE WÄHLER liegt dem Landtag zur Kenntnisnahme vor.

Seit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses gab es insgesamt 21 Sitzungen mit einer Gesamtdauer von 86 Stunden und 49 Minuten, mit insgesamt 61 Stunden und 53 Minuten der öffentlichen Beweisaufnahme, mit 4 088 Seiten Protokoll und 119 Beweisanträgen. Und: Unser Sondervotum war notwendig, da der Bewertungsteil, geschrieben von den die Landesregierung tragenden Fraktionen, so nicht vertretbar ist,

(Beifall BVB/FW)

denn er stellt der Landesregierung im wahrsten Sinne des Wortes einen Persilschein aus.

Aus Sicht von BVB / FREIE WÄHLER war es richtig, dass Schutzmaßnahmen ergriffen wurden, die gesundheitliche Informationsbeschreibung der Infizierten und Erkrankten klar benannt und vor den gesundheitlichen Gefahren gewarnt wurde.

BVB / FREIE WÄHLER hat in vielen Punkten den Entscheidungen der Landeregierung zugestimmt, da legitime Ziele wie der Schutz von Leben und Gesundheit, die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems und die bestmögliche Krankenversorgung verfolgt wurden. Bei anderen Maßnahmen appellierten wir immer wieder, die Eigenverantwortung der Menschen nicht einzuschränken.

Unser Sondervotum richtet einen kritischen Blick auf die Grundlagenermittlung, das Krisenmanagement und die getroffenen Maßnahmen und Abwägungen während der ersten Phase der Coronapandemie bis zum 23. September 2020.

Zu beanstanden ist, dass für die erlassenen Verordnungen der Landesregierung Brandenburg nur die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz maßgebend waren und unmittelbar exekutive Wirkung hatten, eigene brandenburgspezifische Maßnahmen hatte die Landesregierung nicht im Blick. Außerdem wurde das Parlament seit Beginn der Pandemie bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes nicht nach Art. 94 der Verfassung des Landes Brandenburg unterrichtet. Zudem waren die Eindämmungsmaßnahmen nicht von der Ermächtigung in den §§ 28 und 32 Infektionsschutzgesetz in der damaligen Fassung gedeckt, da es sich um Verbote gegen die Allgemeinheit handelte.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Zeschmann [BVB/FW])

Weiterhin kritisieren wir als BVB / FREIE WÄHLER, dass vor dem sofort verhängten Lockdown Mitte März des Jahres 2020 zur Reduzierung jeglicher Kontakte keine Abwägung des Einsatzes moderater Mittel wie der Abstands-, Hygiene- und Lüftungsregeln sowie Alltagsmasken vorgenommen wurde,

(Beifall BVB/FW)

dass eine verfassungsunmittelbare Begründungspflicht der Rechtsverordnungen bestand, welche jedoch vom Verordnungsgeber nicht umgesetzt wurde, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfungen und deren Dokumentation den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses nicht vorgelegt wurden. Ob Verhältnismäßigkeitsprüfungen überhaupt stattgefunden haben, wurde nicht deutlich. Die Entscheidungen beruhten hinsichtlich der getroffenen Maßnahmen auf keiner gesicherten Datengrundlage und Eignungsprognose,

(Beifall des Abgeordneten Hünich [AfD])

denn es lag im Land Brandenburg kein massives und diffuses Infektionsgeschehen vor. Auch eine Überprüfung der Wirkungszusammenhänge ist nicht erfolgt. Einige Maßnahmen waren aus unserer Sicht unverhältnismäßig: zum Beispiel die Untersagung jedweder privater Betätigung im öffentlichen Raum

(Beifall des Abgeordneten Stefke [BVB/FW])

und die Reduzierung auf die notwendigsten Besorgungen. Ebenso hätten die Testzentren aufrechterhalten und weitergeführt werden müssen, um rechtzeitig einen Wiederanstieg der Infektionszahlen zu erkennen und somit die Infektionsketten durchbrechen zu können. Auch eine Differenzierung bei der Angabe der Inzidenz nach CT-Wert hätte eine stärkere Aussagekraft hinsichtlich der Ansteckungsgefahr in der Bevölkerung gehabt.

Weiterhin wurde deutlich, dass die Landesregierung die gesundheitlichen Auswirkungen von abgesagten Folgebehandlungen und der Eindämmungsmaßnahmen nicht betrachtet hat.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Zeschmann [BVB/FW])

Und festzustellen war, dass eine Überlastung des Gesundheitswesens nicht zu erkennen war. (Vereinzelt Beifall BVB/FW) Auf Folgendes möchte ich noch hinweisen: Im Untersuchungsausschuss wurde deutlich, dass es im gesamten Untersuchungszeitraum zu einer unverhältnismäßigen und übermäßigen körperlichen und seelischen Belastung von Kindern und Jugendlichen kam.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Berndt [AfD])

Negative Spätfolgen und Kindeswohlgefährdungen wurden in Kauf genommen.

Die Schlussfolgerung im Abschlussbericht, dass die Maßnahmen anders hätten gewichtet werden müssen, reicht nicht aus. Verantwortung muss übernommen werden!

(Beifall BVB/FW)

Auch im Bereich der häuslichen Gewalt war ein dokumentierter Anstieg festzustellen; dieser hätte vermieden werden müssen.

Im Bereich der Wirtschaft waren die von der Landesregierung sofort ergriffenen Maßnahmen zur Unterstützung folgerichtig, wenngleich es in der Umsetzung der Corona-Soforthilfe-Programme zu erheblichen Irritationen kam. Der wirtschaftliche Einbruch innerhalb der verschiedenen Branchen und die daraus resultierenden Schäden sind auf die Pandemie, aber auch auf die Krisenpolitik des Landes, das heißt auch auf die eingeleiteten Maßnahmen zurückzuführen.

Die prognostizierten Insolvenzwellen sind aufgrund der bundesweiten Aussetzung der Insolvenzverfahren im Untersuchungszeitraum nicht eingetreten. Die Interpretation, dass die Unterstützungsmaßnahmen Insolvenzwellen verhindern konnten, ist unzutreffend.

Für zukünftige gesundheitliche Krisen fordert BVB / FREIE WÄHLER eine transparente Abwägung aller Belange und eine Dokumentation dieser. Wir setzen auf Vorläufige stenografische Niederschrift der 93. Plenarsitzung am 18.10.2023 nicht autorisiert – nicht zitierfähig 209 die Eigenverantwortung der Menschen und den gesunden Menschenverstand. – Vielen Dank.

(Beifall BVB/FW)

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