Rede von Christine Wernicke in Textform:
Christine Wernicke (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Unsere Fraktion bzw. die jetzt vier fraktionslosen Abgeordneten haben am 19.09. ihren ersten parlamentarischen Empfang hier im Landtag Brandenburg veranstaltet. Das Thema des Abends war „Kleingärten ganz groß“. Wir haben uns an jenem Abend über den Besuch von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Kleingartenvereine unter anderem aus der Prignitz, Frankfurt (Oder), Cottbus, Brandenburg an der Havel, Bernau sowie Neuruppin gefreut und viele interessante Gespräche führen können. Dabei wurde vor allem deutlich: Kleingärtnerinnen und Kleingärtner sind ein wichtiger Bestandteil unseres sozialen Lebens.
(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch sowie des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])
Sie bauen gesunde Lebensmittel an, betätigen sich ehrenamtlich, übernehmen zudem Aufgaben der Kommunen, denn die zum überwiegenden Teil städtischen Pachtflächen werden von den Kleingärtnern gepflegt, und sie setzen sich für den Umweltschutz ein.
(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch)
Ebenso kann sich in den Parzellen die natürliche Artenvielfalt entwickeln, indem dort viele Insekten und Vogelarten einen geschützten Platz finden. Somit leisten Kleingartenanlagen als Teil der grünen Infrastruktur einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität von Mensch und Tier.
Kleingärten sind aber noch mehr. Sie sind ein zweites Zuhause für all diejenigen, die an ihrem Haus oder ihrer Wohnung keinen eigenen Garten haben. Meine Damen und Herren, in Zeiten von Wohnungsknappheit und teuren Grundstücks- und Immobilienpreisen in Städten und Ballungsräumen ist der Traum von einem eigenen gepachteten Garten aktueller denn je und mit durchschnittlich 12,5 Cent pro Quadratmeter für viele Bürgerinnen und Bürger im Land Brandenburg erschwinglich.
Doch auch das Kleingartenwesen hat mit Problemen zu kämpfen. Bestehen im sogenannten Speckgürtel der Landeshauptstadt Potsdam und im Landkreis Barnim Wartelisten für Interessentinnen und Interessenten, so stehen in den ländlichen Gebieten Brandenburgs zunehmend Parzellen leer. Daher haben bereits diverse Städte in Brandenburg sogenannte Kleingartenentwicklungskonzepte erstellen lassen. Als Beispiele seien hier die kreisfreie Stadt Cottbus und die Stadt Spremberg aufgeführt.
Warum sind Kleingartenentwicklungskonzepte wichtig? Gemäß den Paragrafen 5 und 9 Baugesetzbuch sind Gemeinden verpflichtet, Kleingartenland auszuweisen, soweit es erforderlich ist. Geht es in den begehrten Lagen hauptsächlich um die Sicherung und Bewahrung der Parzellen für die kleingärtnerische Nutzung und den Schutz vor Umwandlung in Bauland sowie um die Berücksichtigung der Kleingärten bei der Stadtplanung, stellt sich im ländlichen Raum oftmals die Frage, wie mit dem Leerstand in den Kleingartenanlagen umgegangen werden kann.
Und was passiert eigentlich, wenn die Pachteinnahmen wegen leer stehender Gärten ausfallen, die Gesamtpacht jedoch weiter an den Eigentümer abgeführt werden muss? Im Jahr 2022 war der Presse zu entnehmen, dass Eisenhüttenstadt aufgrund sinkender Nachfrage ein Kleingartenentwicklungskonzept entwickelt, das sich hauptsächlich dem Umgang mit dem Rückgang der Nachfrage von Parzellen widmet. Wie auch in anderen Orten der ehemaligen DDR ist die Einwohnerzahl in Eisenhüttenstadt seit der Wende massiv gesunken. Gegenüber ehemals 53 000 Einwohnerinnen und Einwohnern im Jahr 1990 waren am 31.12.2022 knapp 24 000 Menschen dort gemeldet. Die Zahl der Parzellen ist jedoch im selben Zeitraum nicht zurückgegangen und viele Pächter sind nun in die Jahre gekommen. Bei schwindenden Einwohnerzahlen ist es auch schwierig, neue – jüngere – Pächter zu finden. Dies zeigt sich in Eisenhüttenstadt in der Entwicklung des Leerstandes. Von 8,7 % im Jahr 2017 ist dieser auf 11,8 % im Jahr 2022 angestiegen.
Doch was folgt allgemein als Konsequenz aus dem Leerstand in den Kleingartenanlagen, meine Damen und Herren? Damit geht auch die Reduzierung bestehender Kleingartenvereine einher. Diese Vereine sind aber ein Kernelement ehrenamtlicher Arbeit
(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Stefke und Vida)
und damit einer der zentralen Bestandteile des Kleingartenwesens. Dies konnte ich aus den zahlreichen Gesprächen während unseres parlamentarischen Abends mitnehmen.
Ebenso geht es bei der Auflösung von Kleingartenvereinen um die Problematik des Rückbaus der Lauben und der Versorgungsstruktur sowie um die Frage, wer für die Kosten der Maßnahmen aufkommt. Kleingartenentwicklungskonzepte sind, wie am Beispiel des hiesigen Konzeptes der Stadt Spremberg ersichtlich, ein wichtiges Mittel, um auf Basis der Analyse, Bedarfsprognose sowie Bewertung der Anlagen, vorgestellten Umsetzung, Handlungsstrategien und Finanzierungsmöglichkeiten abschließende, konkrete Empfehlungen zur Umsetzung auszusprechen.
Im Land Brandenburg wurde durch die Richtlinie zur Förderung des Kleingartenwesens ein wichtiges Instrument für Zuwendungen zur Förderung von Kleingartenvereinen geschaffen. Dabei können auf Antrag örtliche und regionale Kleingartenvereine für bestimmte Vorhaben bis zu 30 000 Euro pro Kalenderjahr an Fördermitteln erhalten. Um die Städte und Gemeinden bei der Entwicklung, Erstellung und Umsetzung von Kleingartenentwicklungskonzepten zu unterstützen, bedarf es ebenfalls eines weiteren landesweiten Förderprogramms.
(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Stefke und Vida)
Es soll auch diejenigen Städte und Gemeinden motivieren, die das Kleingartenwesen bislang wenig prioritär behandelt haben, um durch Kleingartenentwicklungskonzepte den Kleingartenbestand zukunftssicher und generationenübergreifend nachhaltig zu sichern. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.
(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Stefke und Vida sowie vereinzelt DIE LINKE)