Rede von Christine Wernicke in Textform:
Christine Wernicke:
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit rund 234 000 ha ist Brandenburg nach Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen eines der moorreichsten Bundesländer. Damit könnte es einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, denn weltweit binden Moore rund ein Drittel des terrestrisch vorkommenden CO2 – das ist die doppelte Menge des global von Wäldern gebundenen CO2. Brandenburg könnte also einen wichtigen Beitrag leisten – aber von den vorhandenen Flächen sind nur noch etwa 6 000 ha als Moore intakt; das macht 2,5 % der Moorflächen aus.
Die restlichen Flächen sind trockengelegt, und rund 152 000 ha und somit knapp zwei Drittel der Brandenburger Moorflächen werden land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Werden Moore für die Land- und Forstwirtschaft trockengelegt und bewirtschaftet, wird kein CO2 von ihnen gebunden – allerdings binden auch die darauf wachsenden Pflanzen CO2 in nicht unerheblichem Umfang. Die Renaturierung der Moore innerhalb der Landeswaldflächen ist deshalb in meinen Augen eine durchaus geeignete Maßnahme.
Wenn weitere Maßnahmen umgesetzt werden sollen, kommt die Politik an einer Sache nicht vorbei, nämlich – wie im Antrag dargestellt – an einer Kommunikationsstrategie, um den Landwirten ganz klar zu sagen, wie sie nach einer Umstellung betriebswirtschaftlich aufgestellt sind, wenn sie diese Flächen im vernässten Zustand bewirtschaften: Mit welchen Maschinen können die Landwirte solche Flächen bearbeiten? Schon die Ernte der Biomasse und ihr Transport bis zum Feldrand stellen eine Herausforderung dar. Was kann dort überhaupt angepflanzt werden, und welche betriebswirtschaftlich positiven Ergebnisse sind realisierbar?
An der Stelle hört man immer wieder das Beispiel Paludikulturen, doch damit ist es ein bisschen wie mit der Henne und dem Ei: Niemand fängt an, ein Produkt für einen Rohstoff zu entwickeln, den es nicht gibt. Und niemand baut einen Rohstoff für Produkte an, die es nicht gibt.
(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Stefke und Vida)
Somit gibt es auch keine Abnehmer.
Deshalb wird es nur mit dem Ansatz der Freiwilligkeit gehen – und ohne finanzielle Unterstützung wird nur ein kleiner Teil der Landwirte und Landeigentümer bereit sein, ein Moorschutzprogramm umzusetzen. Es sollte geprüft werden, inwieweit ein Einsatz von GAP-Mitteln aus der zweiten Säule möglich ist. Nach meiner oberflächlichen Kenntnis passt die Agrarförderung bisher nicht gut zum Wiedervernässen dieser Flächen.
Es geht auch um die Frage: Wie viel ist der Boden wert? Mit einem höheren Grundwasserstand ist er weniger wert, was wiederum dazu führt, dass ein Landwirt weniger kreditwürdig ist. Bei der Produktionsumstellung sind aber größere Investitionen zu tätigen. Es muss auch klar sein, welche Teile der Moore überhaupt wiedervernässt werden können und was dies für die angrenzenden Flächen bedeutet. Deshalb weise ich erneut darauf hin, dass die Politik auch die Haftungsfrage für den Fall von Wasserschäden durch Wiedervernässung zu regeln hat.
(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Stefke und Vida)
Als gelungen möchte ich den Kompromiss bezeichnen, den die Freien Bauern und Minister Vogel Ende Juni auf dem Hof Paulsen in Röpersdorf in der Uckermark gefunden haben: Danach sollen die ehemaligen Moore zwar wiedervernässt werden, allerdings nur bis zu einem Pegel von 30 cm unter der Grasnarbe. Damit können die Landwirte weiter auf diesen Flächen arbeiten, und kostspielige Entschädigungen entfallen. – Mit weiteren solchen Kompromissen und einem Aufeinanderzugehen kann das Moorschutzprogramm erfolgreich sein. Ihrem Antrag werden wir zustimmen.
(Beifall SPD und B90/GRÜNE sowie der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Stefke und Vida)