Rede von Péter Vida in Textform:
Péter Vida (fraktionslos):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Es war einmal vor nicht allzu langer Zeit, da wurde das wunderschöne, von Seen und Wäldern durchzogene Märkische Land von einem schweren Beben erschüttert. Die sonst so fröhlichen und gutherzigen Bewohner dieses Landes waren erzürnt und geradezu fassungslos und erwarteten von ihren Altvorderen Hilfe, Aufklärung und eine Lösung der zutage getretenen Probleme.
Ihr rüstiges Oberhaupt Dietmar machte sich auf, das Böse zu bekämpfen, und versprach dazu ein revolutionäres Werk. Unterstützt wurde er von seinem treuen Knappen Benjamin, der den bedeutungsvollen Namen Grimm trug. Dieser Name hat eine lange Tradition, haben wir doch den Gebrüdern Grimm die erste schriftliche Märchensammlung Deutschlands zu verdanken. Ob es sich bei dem heute auf der Tagesordnung stehenden Thema „Aufarbeitung des RBB-Skandals und Novellierung des RBB-Staatsvertrages“ wirklich um ein leicht verdauliches Märchen oder eher immer noch um ein Drama handelt, werden wir im Folgenden herausfinden.
(Keller [SPD]: Knüppel aus dem Sack!)
So trug es sich am Anfang der Erzählung vom RBB zu, dass die Herrscherin des Rundfunks, begleitet von ihrem treu ergebenen und gleichzeitig eigennützigen bösen Wolf, in ihrem kleinen Schloss und auf ihrem persönlichen Landsitz prächtige Feste veranstaltete, lukullische Köstlichkeiten auftafeln und den Champagner in Strömen fließen ließ. Sie genoss ihr luxuriöses Leben, ließ sich von früh bis abends rundum versorgen, nebst Knabberzeug und Gummitierchen in ihrer Kutsche, präzise abgerechnet für 12,99 Euro, und begab sich auch des Öfteren auf Auslandsreisen, um die Kultur in fernen Ländern zu genießen.
Über die Jahre ihrer Herrschaft hatte sie um sich herum ein Netzwerk errichtet, das alle einbezog, die eigentlich ein wachsames Auge auf sie haben sollten, idealerweise sogar zwei, allen voran der böse Wolf, der ihr mit seinem folgsamen Rudel im Verwaltungsrat auch noch einen jährlichen Bonus gewährte. Schließlich war es ihr immerhin gelungen, die rote Laterne aller Rundfunkhäuser zu erhalten.
Mit der ersten Heiligen der evangelischen Kirche der Märkischen Lande hatte sie eine weitere starke Verbündete an ihrer Seite, die auch gern einmal ein Auge zudrückte. Der Rundfunkrat wurde bei Kaminabenden, Premierenpartys und Weihnachtsfeiern ganz im Sinne der Staatsferne bei Laune gehalten; denn dem, der selbst fröhlich mitfeiert, kann nicht auffallen, dass hier pure Verschwendungssucht Einzug gehalten hatte. Der dritte Wächter im Bunde prasste munter mit. Die Staatskanzlei ließ sich zu Essen und Feiern einladen und nahm auch gern einmal Geschenke an. Da wundert sich dann keiner mehr, dass es in all den Jahren nicht einen einzigen Fall des Einschreitens von dieser Seite gegeben hatte.
Das Leben war schön und wäre wohl noch länger so weitergegangen, hätte die Herrscherin des Rundfunks für ihre prächtigen Gelage und ihr neues Schloss nicht ständig neue Millionen benötigt. Diese wollte sie durch Einsparungen bei ihren Untergebenen erhalten. Sie strich Stellen, kürzte beim Programm, und es kam, wie es kommen musste: Das lange wohlgehütete Geheimnis ihrer Verschwendungssucht und Selbstbedienung kam ans Licht, mit einem großen Knall und einem starken Beben, welches das ganze Land erschütterte. Sogar der treue Knappe Benjamin war erzürnt, und das will etwas heißen! Nun erfuhren nämlich auch die braven Bürger des Landes, was mit dem von ihnen verpflichtend beigetriebenen Geld wirklich passierte.
(Keller [SPD]: Herr Vida, die Leute werden müde!)
– Nein, nein. – Der Aufschrei der Bürger war riesengroß, und unser Protagonist Dietmar musste sich wohl oder übel dem Problem stellen. So zückte er sein schärfstes Schwert – das Papier – und schickte seinen Knappen Benjamin los, den Staatsvertrag zu überarbeiten, auf dass so etwas niemals wieder würde passieren können.
Und plötzlich erschien vieles so simpel, dass man sich fragte: Warum haben wir das nicht vorher schon gewusst? Es lag doch auf der Hand, dass die drei Wächter, die Brandenburger Dreifaltigkeit aus Rundfunkrat, Verwaltungsrat und Rechtsaufsicht, immer alle Unterlagen, über die abzustimmen ist, vorher kennen und zugesandt bekommen müssen, um sie prüfen. Es ist auch normal, dass es eine Pflicht zur Teilnahme an Sitzungen geben muss. Wenn der Hof ruft, musst der Knappe kommen. Selbstverständlich muss es auch eine Pflicht zur aktiven Prüfung von Satzungen durch die Rechtsaufsicht geben, bevor diese wirksam werden, und natürlich muss die wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Mittel, die von den Bürgern und Beitragszahlern aufgebracht werden, von der Rechtsaufsicht ständig und vom Landesrechnungshof jährlich möglichst geprüft werden.
Dies alles wurde von den Landesrechnungshöfen schriftlich, von einem Sachverständigen für Medienrecht mündlich und von der helfenden Kraft der gesunden Mitte im orangenen Gewand – von uns – in Form eines Antrags auf ein Verfahren zur Neufassung des Staatsvertrags auch eingebracht. Gesagt, getan? Das wäre vermutlich zu wundersam, selbst für ein Märchen.
Nun liegt uns der Staatsvertrag hier vor, und es stellt sich die Frage, ob damit ein positives Ende erreicht ist und wirklich das Gute über das Böse siegt. Aus unserer Sicht ist das noch nicht der Fall. Entweder endet diese Geschichte in einem Drama, oder sie ist noch nicht zu Ende. Optimistisch nehmen wir das Letztere an und gehen davon aus, dass der Weg weitergegangen und der Staatsvertrag so nicht beschlossen, sondern nachverhandelt wird.
(Keller [SPD]: Herr Vida, wer sind Sie in der Geschichte?)
Die erste zu bestehende Prüfung auf diesem weiteren Weg ist, wie bei jeder Heldengeschichte, die Erkenntnis über sich selbst. Nur wer erkennt, dass er selbst Fehler gemacht hat, kann daraus lernen und besser werden. Sonst wird die Besetzung in der Staatskanzlei zu einer Runde tragischer Figuren.
(Keller [SPD]: Bäumchen wechsel dich!)
Bis heute gehen Sie nämlich davon aus, dass Sie als Rechtsaufsicht alles richtig gemacht haben und gar nichts hätten anders machen können. Folglich haben Sie viele Vorschläge des Landesrechnungshofs und der Sachverständigen ignoriert und nicht im Staatsvertrag umgesetzt. Und da haben wir die Antwort auf die Frage, woran die eigentlich simple Lösung des Problems zuvor gescheitert war und derzeit immer noch scheitert, nämlich am ernsthaften Willen in der Staatskanzlei, die lieber die Grimm’schen Märchen fortschrieb, als durchzugreifen.
Meine Damen und Herren – die aufmerksamen Zuhörer -, lassen Sie uns dafür sorgen, dass sich das Ende positiv gestaltet und das Gute siegt. Wir haben es in der Hand, wir müssen dem vorgelegten Entwurf nicht zustimmen, sondern können in einer weiteren Beratung hierzu und zu unserem Antrag deutlich signalisieren, dass wir ganz konkrete Punkte geändert haben wollen oder dem andernfalls nicht zustimmen. Wir schulden es den Bürgern in unserem Land, den Beitragszahlern, dass mit ihrem Geld gewissenhaft umgegangen wird und wir nicht nur darüber reden, etwas ändern zu wollen, sondern es auch tatsächlich tun.
Das Problem ist in der Tat ganz leicht zu lösen. Es braucht nur ein paar Formulierungen. Das tut gar nicht weh, das kann ich Ihnen garantieren. Lassen Sie es uns einfach tun, und dann können wir wahrhaftig sagen: Der RBB-Skandal war einmal, wir haben daraus etwas gelernt, und das Märchen hat ein gutes Ende. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Stefke und Wernicke)