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Rede von Matthias Steffke in Textform:
Herr Abg. Stefke (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer draußen an den Bildschirmen! Vielleicht können wir jetzt wieder Ernsthaftigkeit in den Saal einziehen lassen; denn es geht um ein sehr wichtiges Thema.
Die Eröffnung des BER sei „nie so sicher wie heute“ gewesen, sagte erst vor wenigen Tagen der Vorsitzende der Flughafengesellschaft, Herr Lütke Daldrup. Seit März dieses Jahres nahm der Flugverkehr aufgrund der Beschränkungen wegen der CoronaKrise weltweit signifikant ab, mit dramatischen finanziellen Auswirkungen für die gesamte Luftverkehrswirtschaft, so auch für die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH.
Um die täglichen Verluste in Größenordnungen aufzufangen, beabsichtigt die Flughafengesellschaft, den Flughafen Tegel zum 1. Juni dieses Jahres zu schließen. Im Gespräch ist nun sogar eine noch frühere Eröffnung des BER. Egal jedoch, wann der BER eröffnet – in jedem Fall rückt jetzt erneut die Frage der Flugrouten ins Blickfeld der BER-Anrainergemeinden und ihrer Einwohnerinnen und Einwohner.
Die Flugroute für die Starts von der Nordbahn Richtung Westen ist noch nicht verbindlich festgelegt. Im Februar dieses Jahres informierte das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung, BAF, die Fluglärmkommission Berlin-Schönefeld darüber, dass es beabsichtige, Abflüge von der Nordbahn auch in den sogenannten Tagesrandzeiten über Blankenfelde-Mahlow im Geradeausflug zuzulassen.
Das ist insofern bemerkenswert, als es dazu im Jahre 2013 auf Betreiben der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in Bezug auf die 2012 vom BAF veröffentlichten Flugrouten gab. Darin heißt es – ich zitiere auszugsweise -:
„Es wird festgestellt, dass die 247. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung in der derzeit gültigen Fassung […] rechtswidrig ist und die Klägerin“
– gemeint ist die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow
– „in ihren Rechten verletzt […].“
In der Übersetzung ins Nichtjuristendeutsch bedeutet dies, dass die Doppelbelastung der Ortsmitte von Blankenfelde-Mahlow am Tag und in der Nacht bei der verbindlichen Veröffentlichung der Festlegung der Flugverfahren unterbleiben soll.
Wenn eine solche Flugroute die Gemeinde nach Auffassung des OVG in ihren Rechten verletzt, bedeutet das nach meiner Lesart, dass sie im Ergebnis so nicht festgesetzt werden darf. Aber genau das beabsichtigt das BAF gemäß seinem Antrag zur letzten Sitzung der Fluglärmkommission im März dieses Jahres. Und das beunruhigt die Einwohnerinnen und Einwohner von Blankenfelde-Mahlow, und zwar zu Recht.
Bereits in einem anderen Zusammenhang hatte ich aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten einen Satz zitiert, den ich für zutreffend und für essenziell halte. Ich will ihn heute erneut vortragen, weil er vielleicht nirgendwo so gut passt wie für die Betroffenen in den BER-Anrainergemeinden. Herr Dr. Woidke, Sie sagten am 11. Dezember 2019 von dieser Stelle aus:
„Mut, Zuversicht und Vertrauen sind wertvolle Rohstoffe; sie sind vielleicht die wertvollsten Rohstoffe, die wir überhaupt haben. Wenn man auf ihnen herumtrampelt oder zulässt, dass andere sie vergiften, gehen sie kaputt, sie stehen nicht mehr zur Verfügung.“
Jetzt, vor der Festlegung der Flugroute mit Start von der Nordbahn in Richtung Westen, haben die Menschen in BlankenfeldeMahlow ein Auge darauf, ob heute noch das gilt, was das Oberverwaltungsgericht – wenn auch schon vor Jahren – als unangemessen be- und geurteilt hat. Und, Herr Ministerpräsident, die Menschen schauen auch auf Sie. Sie warten gespannt ab, ob Sie bereit sind, sich für sie zu verwenden. Ihr Wort hätte zweifelsohne Gewicht. Ein Appell an das BAF oder das Aussprechen der Erwartung, dass das OVG-Urteil aus dem Jahre 2013 nicht außer Acht gelassen wird – ist das zu viel verlangt?
Sie sagten in Ihrer Regierungserklärung des Weiteren: „Der BER ist ein Beitrag dazu, das ganze Land voranzubringen und noch stärker zur Gewinnerregion zu machen.“ Herr Ministerpräsident, es liegt an Ihnen, vielen, vielen Menschen zumindest das Gefühl zu geben, dass sie mit der Inbetriebnahme des BER nicht zu den Verlierern dieses Landes gehören, nur weil sie am falschen Ort in Brandenburg wohnen.
Wir bitten um Zustimmung zur Überweisung unseres Antrags an den BER-Sonderausschuss, um die Sache gerne noch etwas vertiefend erörtern zu können, für den Fall, dass Sie sich heute nicht in der Lage sehen, diesen Wunsch, diese Bitte, die wir hier aussprechen, sofort zu beschließen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.