Link zum Vorgang: https://www.bvb-fw-fraktion.de/parla_tracking
Rede von Philip Zeschmann in Textform:
Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Wie die amtierende Bundesregierung richtig feststellt, sind Kitas Arbeitsplätze mit Zukunft. Allerdings ist die Attraktivität des Berufsbildes Erzieher oder Erzieherin mehr als ausbaufähig, denn nicht die Nachfrage macht den Beruf attraktiv, sondern Ausbildung, Einsatzmöglichkeiten, Weiterqualifikation und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten – das Thema hatten wir gerade schon, wenn auch auf einer anderen Ebene.
Das MBJS hatte dazu eine Änderung der Kita-Personalverordnung vorgeschlagen, die – Zitat – „Diätassistentinnen und Diätassistenten sowie Hauswirtschaftsassistentinnen und Hauswirtschaftsassistenten“ als pädagogisch notwendiges Personal einstufte, wenngleich eine pädagogische Grundausbildung in beiden Berufsfeldern nicht vorgesehen ist. Diese Gesetzesänderung sollte verschleiern, dass es die Landesregierungen der vergangenen Wahlperioden schlichtweg versäumt haben, rechtzeitig auf den Bedarf an pädagogischem Personal zu reagieren und mehr Erzieherinnen und Erzieher auszubilden.
(Beifall BVB/FW)
Den Trägern der Kindertagesbetreuung ist es schon jetzt nicht möglich, den Betreuungsschlüssel für Kitas zu erfüllen, da Erzieherinnen und Erzieher am Markt einfach fehlen.
Die vom MBJS ursprünglich vorgeschlagene Änderung der KitaPersonalverordnung würde nach Auffassung der Fraktion BVB / FREIE WÄHLER dazu führen, dass die Träger der Kindertagesbetreuung nicht mehr zwingend pädagogisch ausgebildetes Personal einstellen müssen, um den Betreuungsschlüssel zu erfüllen. Dies kann nur mit einem nicht wiedergutzumachenden Qualitätsverlust in der Betreuung und Bildung unserer Kinder einhergehen. Das kann nicht akzeptiert werden.
(Beifall BVB/FW)
Zwischenzeitlich ist die Bildungsministerin im Ausschuss laut Protokoll zwar zurückgerudert, indem sie ausführte, dass die – Zitat – Aussage unter anderem zu Diätassistentinnen ausschließlich der Klarstellung diene, dass diese auch in Kitas eingesetzt werden dürften. Eine Gleichstellung mit Erzieherinnen und Erziehern als pädagogischen Fachkräften sei zu keiner Zeit intendiert und auch nicht Bestandteil dieser Regelung. – Zitatende.
Leider ist diese Aussage in keiner Weise glaubhaft, da dieselbe Ministerin laut Protokoll des Ausschusses einen Satz zuvor betont hatte, dass – Zitat – die Änderung der Kita-Personalverordnung im Kontext der Kita-Novelle 2020 zu sehen sei, mit der insbesondere eine Verbesserung des Personalschlüssels in den Kitas zum 1. August 2020 umgesetzt werden solle. – Zitatende. Genau darum ging es hier: mithilfe von „billigen“ und am Arbeitsmarkt verfügbaren Diätassistentinnen und Hauswirtschafterinnen den Personalschlüssel und damit die Betreuungsrelation in Brandenburg schnell und kostengünstig zu verbessern
(Beifall BVB/FW)
– leider nur auf dem Papier und für die Statistik sowie auf Kosten unserer Kinder, denen dann eine angemessene pädagogische Betreuung und Förderung abhandengekommen wäre. Die Gleichstellung völlig artfremder Berufsgruppen ohne vollwertige pädagogische Ausbildung widerspricht unserem Ziel – das hatten wir eigentlich bisher alle -, in Brandenburg eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung in Kitas und Tagespflegeeinrichtungen zu gewährleisten.
(Beifall BVB/FW)
Nun, werte Frau Ernst, wenn Sie schon in diese Richtung denken, dann machen Sie doch bitte Nägel mit Köpfen, anstatt es bei einem Versuch, uns hinters Licht zu führen, zu belassen. Mit dem vorliegenden Antrag zeigen wir Ihnen, wie das seriös und im Sinne der Lösung des Problems des Mangels an Erzieherinnen und Erziehern gehen könnte. Unser Antrag hat die Förderung einer schulgeldfreien und vergüteten praxisintegrierten Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern zum Inhalt, was eigentlich auch in anderen Mangelberufsgruppen so gestaltet werden sollte.
(Beifall BVB/FW)
Dafür gibt es in unserer Nachbarschaft übrigens sehr schöne Beispiele: Wir brauchen nur nach Mecklenburg-Vorpommern oder Berlin zu schauen: In Mecklenburg-Vorpommern wird die Erzieherausbildung an Fachschulen für Sozialwesen absolviert. Diese sind auch Ansprechpartner für alle individuellen Fragen der Ausbildung, und dort wird sowohl eine Vollzeit- als auch eine berufsbegleitende Teilzeitausbildung angeboten.
In Berlin erfolgt die Ausbildung an Fachschulen für Sozialpädagogik und dauert drei Jahre. Es gibt Möglichkeiten der Vollzeitoder der berufsbegleitenden Teilzeitausbildung. Das dreijährige berufsbegleitende Teilzeitstudium erfolgt im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses und wird von einer Fachschule begleitet.
Lassen Sie uns mit diesem Antrag gemeinsam die Landesregierung auffordern, eine Strategie zu entwickeln, wie eine vollwertige pädagogische berufsbegleitende Zusatzausbildung für Quereinsteiger verschiedenster Berufsgruppen – also eigentlich jedes Menschen, der Erzieher werden will – ermöglicht und gefördert werden kann. Damit würden wir wirklich einen Beitrag zur Steigerung der am Markt verfügbaren Zahl an Erzieherinnen und Erziehern – denn derzeit gibt es keine – leisten und wären dann auch ohne Tricks in der Lage, die Betreuungsquote für die Kinder in Brandenburg zu verbessern. – Danke schön.
(Beifall BVB/FW)