Rede von Christine Wernicke in Textform:
Frau Abg. Wernicke (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits seit über einem Jahr beeinträchtigt die Afrikanische Schweinepest die brandenburgische Land- und Forstwirtschaft. Die Ackerbaubetriebe sind mit erheblichen Vermarktungsschwierigkeiten konfrontiert, und Waldbauern ist es gebietsweise nicht einmal mehr erlaubt, ihre Wälder für die Holzernte zu betreten.
Doch am stärksten betroffen sind die Schweinehalter. So ist für die Betriebe in den Restriktionszonen aktuell nicht nur die Vermarktung ihrer Tiere ein großes Problem, sondern sie müssen zudem zusätzliche Transportkosten zu den wenigen und weit entfernten annahmebereiten Schlachthöfen in Kauf nehmen. Hinzu kommen Abzüge, weil die Tiere länger als sonst eingestallt bleiben und übergewichtig werden. Eine Schlachtung im EU-Ausland sehen wir wegen der langen Transportwege und der deutschen Kriterien zum Tierwohl eher kritisch.
Immer mehr Betreiber dezimieren ihre Schweinebestände oder geben die Haltung ganz auf. Wichtige Arbeitsplätze im ländlichen Raum gehen verloren.
Aber was soll dieser halbherzige Antrag? 90 % des Antragsinhalts sind nach meinem Gefühl ohnehin schon jetzt Aufgabe der Landesregierung. Und dann kommt auch noch die Einschränkung im Antrag – Zitat -: „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“.
Aber es ist zu begrüßen, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür einsetzen soll, dass betroffene Schweinhalter eine bessere finanzielle Unterstützung erhalten und die Förderprogramme einen temporären Produktionsausstieg ermöglichen.
Natürlich muss die Sicherheit der Schweinebestände weiterhin durch ASP-Schutzmaßnahmen gewährleistet werden. Hierbei wäre die Einrichtung einer weißen Zone im deutsch-polnischen Grenzgebiet eine große Hilfe. Aber was tun, wenn von polnischer Seite kein Interesse daran besteht? Deshalb ist es auch keine Lösung, wenn man nachweislich mit ASP infiziertes Schwarzund Fallwild, welches an der der Oder oder der Neiße zugewandten Zaunseite aufgefunden wird, nicht dem deutschen Seuchengeschehen zuordnet. Was ist die Statistik dann wert?
Eine höher frequentierte Überprüfung der ASP-Schutzzäune ist ein Anfang, wenn auch ein später. Aufgrund zahlreicher Vorfälle in der Vergangenheit, verursacht sowohl durch menschliches Verhalten als auch durch die Zerstörung der Zäune durch das Schwarzwild selbst, macht immer wieder bewusst, dass Schutzzäune allein keine ausreichende Schutzmethode darstellen.
Der radikale Abschuss des Schwarzwilds, wie er gerade geschieht, wird in absehbarer Zeit zu weiteren Konflikten führen: Eine Rotte besteht hauptsächlich aus miteinander verwandten weiblichen Tieren, welche von einer Leitbache angeleitet werden. Diese gibt den Fortpflanzungsrhythmus vor. Wird die Leitbache geschossen, ist die Gruppendynamik gestört. Dann erfolgt eine unkontrollierte Fortpflanzung der verbleibenden Rottenmitglieder, welche häufiger und bereits in einem jüngeren Alter frischen als üblich. So werden die Bestandszahlen nicht nur innerhalb kürzester Zeit wieder ausgeglichen, sondern wachsen über die ursprünglichen Zahlen hinaus an.
Zudem wurde bereits beobachtet, dass Schwarzwild aus stark bejagten Zonen abwandert. Somit wird durch die im Zuge der ASP-Bekämpfung verstärkte Jagd eine Bewegung der Tiere nicht eingeschränkt, sondern vielmehr begünstigt.
Nach unserer Ansicht ist eine realistische und langfristige Lösung des Problems die Immunisierung des Schwarzwildbestands mittels Impfung. Schon in der Antwort auf meine Kleine Anfrage, Drucksache 7/3210, erklärte die Landesregierung, dass die Vorund Nachteile einer Impfung von Haus- und/oder Wildschweinen erst eingeschätzt werden könnten, wenn die Eigenschaften eines zugelassenen Impfstoffes bekannt seien, der zurzeit noch nicht zur Verfügung stehe. Ich lasse das einmal so stehen und kommentiere es nicht.
Die USA entwickelt gerade einen vielversprechenden Impfstoff, auch Vietnam entwickelt einen Impfstoff, der sich bereits in der Testphase befindet, während Deutschland einen Impfstoff erst in einigen Jahren in Aussicht stellt. Vielleicht sollte man darüber nachdenken, die privaten Hausschweinbestände momentan stärker einzuschränken, weil die Kontrollen zur Einhaltung der Hygienestandards dort sehr schwierig sind. Auch wäre die Übernahme der erhöhten Haltungskosten für bestehende Schweinebestände eine annehmbare Lösung für unsere Schweinehalter.
Wir stimmen beiden Anträgen zu, denn die derzeitige finanzielle Unterstützung von 20 000 Euro pro Betrieb innerhalb von drei Jahren ist keine Existenzsicherung für die Schweinehalter in Brandenburg und muss dringend verbessert werden. – Vielen Dank.