Rede von Matthias Stefke in Textform:
Herr Abg. Stefke (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer an den Bildschirmen! Der 13. August, an dem wir des 60. Jahrestages des Mauerbaus gedacht haben, ist erst wenige Tage her. An dieser Stelle möchte ich noch einmal unserer Auffassung Ausdruck verleihen, dass die Zentrale Gedenkveranstaltung in Hohen Neuendorf in sehr würdevoller Weise ausgestaltet wurde. Hierfür möchte ich seitens unserer Fraktion der Frau Präsidentin, der Staatskanzlei und auch Ihnen, liebe Frau Dr. Nooke, einen ganz herzlichen Dank sagen – auch für das, was Sie auf dem Gebiet der Erinnerungsarbeit leisten.
Anlässlich dieses Jahrestages gäbe es viel zu sagen, viel mehr, als die festgelegte Redezeit zulässt. In einer solchen Debatte gehört allerdings angesprochen, warum dieses unmenschliche Bauwerk, welches Gott sei Dank seit nun schon bald 32 Jahren Geschichte ist, errichtet wurde und damit Millionen Menschen die für uns heute selbstverständliche Freiheit, selbstbestimmt entscheiden zu können, wo man leben möchte, genommen hat. Der Grund war, dass Bürgerinnen und Bürger der damaligen DDR das Staatsgebiet in Scharen verlassen wollten, weil sie mit den politischen Lebensbedingungen und den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht mehr einverstanden waren und andernorts ein neues Leben beginnen wollten.
Das SED-Regime ließ es nicht dabei bewenden, eine „normale“ Mauer zu errichten, um eine Republikflucht zu erschweren und zu verhindern. Nein, diese gemauerte Demarkationslinie wurde zudem mit Stacheldraht gesichert. Doch auch dies war aus Sicht der damals Herrschenden noch nicht genug. Im Laufe der folgenden Wochen und Monate wurde auf DDR-Seite ein hochgesicherter Grenzstreifen geschaffen und nach und nach zu einem todbringenden Terrain perfektioniert. Allein die Zahlen lassen einen noch heute erschaudern: An 870 km Grenzzaun und 155 km Berliner Mauer wurden 10 m breite Todesstreifen mit Panzersperren und Laufstreifen für Kettenhunde angelegt, Hunderte Wachttürme mit Suchscheinwerfern und Schießscharten und dazu Signalzäune mit Selbstschussanlagen errichtet und 1,3 Millionen Landminen verlegt. Zusätzlich wurden sie von 3 000 Angehörigen der Grenztruppen gesichert. All das machte es nahezu unmöglich, den antifaschistischen Schutzwall, wie die DDR dieses unmenschliche Bauwerk nannte, zu überwinden. Fast 800 Menschen wurden bei Fluchtversuchen erschossen, von Landminen zerfetzt, oder sie sind ertrunken.
Wir gedachten am 13. August der 140 Opfer an der Berliner Mauer. Der Aufruf ihrer Namen und die Erinnerung an ihr Alter, ihr Geschlecht und an die Todesursache holten sie für einen Moment aus der Anonymität, die durch das Nennen der reinen Zahl vermittelt wird. Dauerhaft ihr Andenken zu bewahren ist Aufgabe, ja moralische Verpflichtung eines jeden Demokraten. Sie mahnen uns, alles dafür zu tun, dass sich Vergleichbares niemals wieder ereignen kann. Darüber hinaus haben wir denjenigen gegenüber eine Fürsorgepflicht, die zwar das Unrecht und die Repressalien des Regimes überlebt haben, aber ihr Leben lang an den Folgen leiden.
Der vorliegende Antrag ist im Kern richtig und gut. Ein Wermutstropfen sind lediglich die sieben Wörter „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“, mit denen die sieben Punkte des Beschlussantrags unter Haushaltsvorbehalt gestellt werden. Unsere Hoffnung ruht auf dem Vierten Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Aufarbeitungsbeauftragtengesetzes, welches die entsprechende Rechtsgrundlage für die Beratungs- und Unterstützungstätigkeit der hiesigen Anlauf- und Beratungsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe schaffen soll und eine Finanzierung der Personal- und Sachkosten aus dem Stiftungsvermögen vorsieht.
Wir werden dem vorliegenden Antrag dennoch zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.