Rede von Péter Vida in Textform:
Herr Abg. Vida (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Die letzten drei Minuten – vielleicht sogar etwas mehr – waren ein Paradebeispiel dafür, wie Regierungsarroganz aussehen kann. Das ist es nämlich, wenn der Innenminister einerseits im Innenausschuss durch den Staatssekretär erklären lässt, dass der Antrag der Koalition auf Senkung der Quoren bei Bürgermeisterwahlen aufgrund der Pandemie richtig und notwendig sei, andererseits aber bei dem Volksbegehren einer kleinen politischen Vereinigung mit der gleichen Argumentation in der Überheblichkeit seines Amtes erklärt, dass das völlig abwegig, abstrus und unlogisch sei.
Dabei unterlaufen dem Minister die üblichen, der oberflächlichen Vorbereitung geschuldeten gravierenden handwerklichen Fehler. So erklärt er uns gerade, dass das nicht vergleichbar sei, weil die Briefwahlmöglichkeit bestehe, und dass die Beteiligung per Briefwahl sehr hoch sei, wie bei regulären Wahlen auch. Was der Innenminister in seiner oberflächlichen Vorbereitung hier offensichtlich übersieht: Bei regulären Wahlen bekommen Sie eine Wahlbenachrichtigungskarte zugeschickt; Sie können die Briefwahl also selbstständig beantragen. Hier aber müssen Sie von sich aus auf die Behörde zugehen und die Zusendung beantragen. Das ist der große Unterschied zu einer regulären Wahl, bei der Ihnen die Beantragungsunterlagen nach Hause geschickt werden. Wenn Sie uns das Verfahren als Kompromiss angeboten hätten, könnte man damit noch leben; so aber ist das überhaupt nicht vergleichbar.
Ebenfalls absurd ist die Unterstellung, es sei keine Definition vorgenommen worden, wer denn die Notlage feststellt. Selbstverständlich ist das erfolgt; hier wird auf die Volksinitiative verwiesen. Wir haben hier einstimmig für Volksinitiativen festgelegt, wie sich bei Notlagen eine Fristverlängerung ergibt. Auf genau diese Notlagensituation nimmt auch unser Antrag Bezug. Vielleicht haben Sie wenigstens die Größe, diese Absurdität nicht zu wiederholen. Das ist ein Gleichlauf mit der Notlagenfeststellung von Volksinitiativen. Darauf wurde schon geachtet, auch ohne Ihr Haus in Anspruch zu nehmen.
Meine Damen und Herren, wir haben auch gehört, wie der Minister ausführte: Sie gefährden hier die Menschen, wenn Sie auf der Straße Unterschriften sammeln, während die Coronazahlen ansteigen. – Der Partei- und Fraktionskollege Schaller hat uns aber erklärt, der Antrag komme zur falschen Zeit, weil ja die Notlage nicht mehr in der Form bestehe. Nun mag es vielleicht wesensimmanent für diese Partei sein, sich derart uneinig zu sein, dass man einander sogar innerhalb von fünf Minuten widerspricht. Das können Sie gerne so machen, aber bitte nicht auf dem Rücken von Volksinitiativen und Volksbegehren, liebe Kollegen von der CDU!
Und schließlich: Dieser geheuchelte Respekt vor dem Verfassungsgericht ist kaum zu ertragen. Das Landesverfassungsgericht hat im Mai dieses Jahres gesagt, dass es aufgrund der Pandemie – und damals hatten wir wirklich sinkende Zahlen; jetzt aber steigen sie wieder – Erleichterungen geben müsse. Sie nehmen mit der Abstimmung heute doch kein Ergebnis vorweg. Das eine ist das Gericht, und das andere ist der Landtag. Der Landtag kann selbst eine politische Entscheidung treffen. Die wollen Sie aber nicht, weil Sie darauf hoffen, dass wir beim Gericht keinen Erfolg haben, und weil Sie wollen, dass diese antiquierte, nur noch in vier Bundesländern praktizierte Form der Unterschriftensammlung weitergeht. Wir werden alles dafür tun, dies zu verhindern. – Vielen Dank.